Das Geschäft mit der Unsicherheit brummt

■ Die SiTech 95 ist eröffnet. Jahresumsatz auf dem Sicherheitsmarkt: 15 Milliarden

Berlin (taz) – Nichts ist richtig sicher, und das macht Sicherheit so teuer: Allein der Bund gibt in diesem Jahr über dreieinhalb Milliarden Mark aus – für die „innere Sicherheit“. Diese horrende Zahl nennt Reinhard Rupprecht, Ministerialdirektor in der Polizeiabteilung des Bonner Bundesinneministeriums. Am gestrigen Eröffungstag der „internationalen Fachmesse für Sicherheit und Sicherheitstechnik“, kurz „SiTech 95“, in Berlin, referiert der Ministeriale unter anderem über die „Aufgabenverschiebung von der Polizei auf das Sicherheitsgewerbe“. Das Fachpublikum folgt freudig, denn die Branche boomt ohnehin, und der Vortrag läßt auf neue profitable Marktsegmente hoffen. SiTech 95, das sind unter dem Beriner Funkturm 307 Aussteller auf 16.000 Quadratmeter, ein sechzigprozentiger Zuwachs im Vergleich zur vorherigen Messe 1993. Es ist ein buntes Sammelsurium, von der winzigen High-Tech-Taschenlampe über riesige, elektronisch gesicherte Eingangsschleusen bis zum chipgesteuerten fälschungssicheren Betriebsausweis; von feuerfesten Uniformen bis zur gepanzerten Limousine und dem Geldtransporter. Dazwischen die Anbieter diverser privater Sicherheitsdienste.

Die Stimmung ist gut, weiß Jochen Martin, Geschäftsführer der Messe Berlin, zu berichten: „Sichere drei bis vier Prozent Zuwachs bei gleichzeitig deutlich stärkerem Mengenwachstum, kontinuierlich über die letzen Jahre hinweg, sprechen eine klare Sprache, und nach übereinstimmender Einschätzung aller Fachleute ist ein Ende dieser Entwicklung – erfreulicherweise – nicht in Sicht.“

Allein bei den Wach- und Sicherheitsunternehmen hat sich zwischen 1980 und 1994 der Umsatz vervierfacht. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Beschäftigten in diesem Bereich von 30.000 auf heute 105.000, neue Bundesländer inklusive. Der Gesamtumsatz auf dem Sicherheitsmarkt, so Harald Olschok-Tautenhahn, Geschäftsführer zweier Bundesvereinigungen privater Sicherheitsunternehmen, wird in diesem Jahr auf rund 15 Milliarden Mark steigen.

Wenigstens eine blühende Landschaft also, und blättert man in den ausgelegten Katalogen, dann wird sich diese schon bald gen Osten erstrecken. Zweigstellen der Westfirmen in Krakau, Prag und Moskau sind im Vierfarbdruck zu bewundern. Erstmal werden Prospekte nun auch in russisch angeboten. Die Privaten hoffen auf die eine oder andere ehemals staatliche Aufgabe. Nicht unbedenklich: Olschok-Tautenhahn immerhin schwadronierte über eine „Asylbewerberhaft“ und die „Schaffung neuer Straftatbestände“. Wolfgang Gast