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China verzichtet auf Atomgeschäft mit dem Iran

■ Diplomaten erwarten daher Verbesserung der Beziehungen Peking-Washington

Peking (AFP/wps) – China will auf die Lieferung von zwei Leichtwasserreaktoren an den Iran verzichten. Dies teilte der chinesische Außenminster Qian Qichen seinem Washingtoner Kollegen Warren Christopher bei einem Gespräch am Rande der UNO-Vollversammlung in New York mit. Dort wertete man den Verzicht Chinas als einen außenpolitischen Erfolg der Regierung von Bill Clinton, die China seit Monaten zum Verzicht auf das 1993 vereinbarte Reaktorgeschäft drängt.

Zugleich hieß es in Diplomatenkreisen jedoch, Peking habe diese Entscheidung wohl eher aus wirtschaftlichen als aus politischen Gründen getroffen. Das Treffen der beiden Außenminister habe zu einer Verbesserung der bilateralen Beziehungen beigetragen, auch wenn zunächst keine Einigung über einen Gipfel zwischen US- Präsident Bill Clinton und Chinas Präsident Jiang Zemin erzielt werden konnte.

Aus der iranischen Botschaft in Peking hieß es gestern, sie sei noch nicht offiziell darüber informiert worden, daß das Geschäft nun doch nicht zustandekommt. Westliche und chinesische Experten in der chinesischen Hauptstadt erklärten, das Geschäft sei bereits seit anderthalb Jahren vom Tisch. Es sei an der mangelnden Finanzkraft Irans gescheitert. Iran schulde China schon jetzt mehr als 100 Millionen Dollar. Die Reaktoren sollten nahe der irakischen Grenze gebaut werden und rund 800 Millionen Dollar (etwa 1,1 Milliarden Mark) kosten.

Vor dem rund einstündigen Treffen mit Qian hatte Christopher bereits versucht, seinen russischen Amtskollegen Andrej Kosyrew von Atomgeschäften mit dem Iran abzubringen. Kosyrew sagte jedoch, Rußland beabsichtige, die Kooperation mit Teheran im Bereich der Atomenergie fortzusetzen. Durch die Absage Chinas sei das iranische Atomprogramm nicht gefährdet, hieß es in Diplomatenkreisen. Es habe sich um Reaktoren mit einer Kapazität von jeweils 300 Megawatt gehandelt, während der mit russischer Hilfe zu bauende Reaktor über 1.000 Megawatt verfügen soll.

Die überraschende Verbesserung der Beziehungen zwischen Peking und Washington ist nach Angaben eines US-Diplomaten auch deshalb möglich geworden, weil „das Thema Taiwan nicht mehr dominant sei“. Tatsächlich hatte Christopher Qian zu Beginn des Treffens versichert, daß Washington die Insel als Teil Chinas betrachte. Die USA hatten dem taiwanesischen Präsidenten Lee Teng-hui im Juni ein Einreisevisum für einen Besuch bei seiner ehemaligen Universität erteilt, daraufhin zog Peking seinen US- Botschafter in Washington ab.

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