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Das Diäten- Dilemma

■ Selbst als Betriebsrat droht Scharping zu scheitern

„In der Diskussion um die Erhöhung von Diäten der Bundestagsabgeordneten gibt es erheblichen Diskussionsbedarf.“ Hat je ein Politiker mit bewegenderen Worten den Stillstand proklamiert als Eberhard Diepgen? Welch dialektischer Tiefgang spricht aus diesem Satz, welch ungeahnte Fähigkeit, mit der normativen Kraft des Tautologischen den Sachverhalt zum Faktischen gerinnen zu lassen. Der Satz ist Programm, nirgends wurde die christdemokratische Geschlossenheit markanter dokumentiert.

Wieviel schwerer hat es da ein Rudolf Scharping. Als Modernisierer von dem Mann aus Hannover abgemeiert, zum Betriebsrat der Nation abgestempelt, vergällen ihm die Landesfürsten auch diese Rolle, als er ihr eine erste Gestalt geben will. Bei der Verteidigung der Diätenerhöhung, sozusagen als Betriebsrat in eigener Sache, droht der SPD-Vorsitzende zu scheitern. Dabei steht ihm doch mit Peter Struck einer zur Seite, der weiß, wie man's macht: „Auch wenn der Bundestag beschließen würde, daß wir die Diäten um 50 Prozent kürzten, würden wir Proteste bekommen.“

Siehste Rudi, alles eine Frage des Blickwinkels, so macht man aus einem Mehr ein Weniger, so sichert man Besitzstand und verschafft den Neidern, was ihnen einzig gebührt – ein schlechtes Gewissen. Statt dessen läßt der Vorsitzende die Dinge wieder mal dahin laufen, wohin sie immer laufen, wenn er sie in die Hände nimmt – aus dem Ruder. Er glaube nicht, „daß sich die Länder bereits auf ein Nein festgelegt haben“, versichert Scharping zur gleichen Zeit, zu der mehrere SPD-Länder eben dieses Nein aussprechen und in der Fraktion die Angst um den Besitzstand sich in der vehementen Kritik an seiner Führungsfähigkeit entlädt.

Die Abgeordneten im Nacken, die Ministerpräsidenten vor sich, in solch verzwickter Lage ist Aussitzen angesagt. Allerdings nicht jenes fatalistische, von morgensternscher Logik durchdrungene, mit dem der SPD-Vorsitzende bislang noch immer scheiterte, sondern eben jenes intelligente, die Offensive zurückgewinnende, zu dem ihm Helmut Kohl geraten hat. Eine Offensive aus dem gleichen Holz, aus dem Bayerns Kruzifixe geschnitzt sind – bestandsichernd und verfassungsresistent. Soll doch der Bundesrat die Verfassungsänderung ablehnen – die Diätenregelung bleibt bestehen, bis Karlsruhe sich einsichtig zeigt. Ist doch den Abgeordneten nur recht, was den Richtern lieb und teuer ist: ihr Gehalt. Wer in Karlsruhe da kein Einsehen hat, ist seine Diäten nicht wert. Dieter Rulff

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