Wehrschloß-Prozeß: Nur ein Grinsen
■ Gutachter: „Die Tat ist pervers“
Die drei Mädchen, die am 21. März im Hastedter Jugendfreizeitheim Wehrschloß eine 14jährige Schülerin stundenlang gefoltert haben, sind jetzt vom Jugendschöffengericht zu zwölf, neun und sechs Monaten Jugendstrafe mit Bewährung verurteilt worden (taz 22./29.9).
Sie müssen außerdem sechs Monate an einem sozialen Training teilnehmen und 40 Stunden in einer gemeinnützigen Einrichtung arbeiten. Das Verfahren gegen die beiden Jungen, denen vorgeworfen wird, tatenlos zugesehen zu haben, ist abgetrennt worden.
Etwa vier Stunden hatten die Mädchen eine etwa Gleichaltrige im und hinter dem „Wehrschloß“ gequält. Sie drückten glühende Zigaretten auf ihrem Körper aus, hetzten einen Hund auf das Mädchen, schlugen und traten es. Sie sengten dem Opfer die Haare an und zwangen es, sich einen Stock in die Scheide zu stecken.
Die Tat sei schlichtweg „menschenverachtend“ und „pervers“ gewesen, sagt Dr. Arnold Richard, Chef der Kinder- und Jugendpsychiatrie Bremen-Ost. Der Gutachter hat sich mit den Motiven der Mädchen befaßt. „Das Opfer hat über eine blöde Bemerkung gegrinst. Das war alles“, faßt Richard seine Beobachtungen zusammen. Die Wahrnehmung der Mädchengruppe sei „verzerrt“ und „paranoid“ gewesen. „Die haben in die Person des Opfers etwas hineininterpretiert und dann einen Anlaß gesucht, um es zu quälen.“ Daß die Mädchen vor Gericht Eifersucht als Tatmotiv angegeben haben, hält er für einen „Vorwand“. Die Mädchen hätten lediglich nach einer plausiblen Entschuldigung für ihre Tat gesucht. Während der Folterungen hätten sich auch anderen „Jugendlichen gegen das Opfer verbündet.“ Wegen des plötzlichen Zusammengehörigkeitsgefühls hätten sie keine Hilfe geholt, sondern zugeguckt.
„Es stellt sich allerdings auch die Frage, was die drei Fachkräfte, die im Wehrschloß zu der Zeit ihren Dienst taten, die ganze Zeit gemacht haben“, sagt der Gutachter. 25 bis 30 Jugendliche sollen zu dem Zeitpunkt im Wehrschloß gewesen sein. Daß die Sozialpädagoginnen von den Vorfällen, die schon am Nachmittag im Café des Wehrschlosses begonnen haben, nichts bemerkt haben, wundert Richard. „Man muß wirklich nach der Qualität dieser Leute fragen.“
Die SozialpädagogInnen des Wehrschlosses haben eine Dokumentation erarbeitet, die der taz vorliegt. Demnach arbeitete eine Pädagogin im Mädchenraum. Eine Honorarkraft kümmerte sich um die Musiker. Die dritte Sozialpädagogin war mit Telefonaten, Gesprächen, der Planung eines Stadtteilfestes und mit Büroarbeiten beschäftigt. Bei Stippvisiten durchs Haus konnte sie „keine Auffälligkeiten“ feststellen. Die Pädagoginnen glauben, daß sich „die Neue beweisen sollte, da sie sich nicht gleich einschüchtern ließ“. Nach Aussagen der Jugendlichen hätte „das Opfer im Wehrschloß die Herausforderungen angenommen und sich gewehrt. Sie sei freiwillig mitgegangen“.
Die Sozialpädagoginnen haben nichts gehört oder gesehen. „Das Opfer habe während der Mißhandlungen nicht um Hilfe gerufen, keine Schreie von sich gegeben oder geweint“, schreiben sie. „Selbst die Frauenmotorradgruppe bekam von den Vorgängen nichts mit, obwohl Fenster und Türen geöffnet waren.“ kes
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