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Die serbischen Gegner Karadžićs schweigen noch

■ Nicht nur die bosnische Regierung, auch viele Serben und Kroaten lehnen eine Teilung Bosniens ab. Sie wollen individuelle, nicht kollektive Rechte sichern

Es ist der zweite Punkt des Genfer Holbrooke-Abkommens, der in Sarajevo auf Ablehnung stößt. Denn mit dem Zugeständnis an die Nationalisten, einen serbischen Teilstaat in Bosnien zu errichten, wird ein Widerspruch erzeugt, sagt Ministerpräsident Haris Silajdžić. Er beharrt darauf, daß eine neue Verfassung es möglich machen muß, die durch den Krieg erzeugten Trennungen zwischen den Menschen und den Territorien zu überwinden. Wir wollen eine demokratische Zukunft in einem einheitlichen Staat, so lautet seine Position.

Doch gerade dies wollen die Nationalisten aller beteiligten Seiten selbstverständlich nicht. Die Bevölkerung in Bosnien-Herzegowina nach ethnischen Prinzipien zu trennen und „ethnisch reine Gebiete“ zu schaffen, war schließlich der Grund für diesen Krieg. Nicht nur die serbisch-nationalistische Führung unter Karadžić denkt in diesen Kategorien, auch die extremistischen Kräften unter den Kroaten, die vor allem in der Westherzegowina anzutreffen sind. Und auch unter den Muslimen gibt es inzwischen Gruppen, die mit einer Teilung des Landes einverstanden wären, vorausgesetzt, sie könnten den größten Teil von Bosnien-Herzegowina für sich beanspruchen.

Im multikulturellen Sarajevo findet die antinationalistische Position besonders große Unterstützung. Bei Zlatko Lagumdzija zum Beispiel, dem agilen und westlich orientierten Sozialdemokraten. Wie Silajdzić fordert er, die Rechte eines jeden Individuums zu schützen. „Kollektive Minderheitenrechte in eigenständigen Entitäten“ lehnt er dagegen ab, denn diese reproduzierten nur die Herrschaftstrukturen der antidemokratischen Extremisten. In das gleiche Horn stoßen die ebenfalls sehr westlich orientierten Liberalen.

Das kroatische Lager dagegen ist tief gespalten. Auf der einen Seite stehen viele zentralbosnischen Kroaten, wie zum Beispiel Stjepan Kljuić, der eine neue Bürgerpartei gegründet hat. Er opponierte schon zu Beginn des Krieges gegen die tudjmanhörigen Nationalisten, die ihn 1993 aus der von ihm selbst gegründeten „Kroatischen Demokratischen Bewegung (HDZ) warfen. Auch Ivo Komsić, der Vorsitzende der „Kroatischen Bauernpartei“, lehnt staatliche „Gebilde“ innerhalb Bosniens ab. Gegen föderale Strukturen jedoch hat der dem Kardinal von Sarajevo nahestehende Politiker nichts einzuwenden.

Auf der anderen Seite der Kroaten steht die Riege der in der Westherzegowina verankerten HDZ, die mit dem inzwischen abgesetzten Mate Boban an der Spitze 1993 den „Krieg im Kriege“ gegen die bosnische Regierungsarmee führte. Auf lange Sicht wollen die kroatischen Extremisten die kroatisch dominierten Gebiete Bosniens mit Kroatien vereinigen. Durch die USA 1994 in ein Bündnis mit dem muslimisch dominierten Reststaat gezwungen (die kroatisch-bosniakische Föderation), warten sie ab, wie sich die Dinge entwickeln.

In der regierenden muslimischen „Partei der demokratischen Aktion“ (SDA) scheiden sich ebenfalls die Geister. Ihr Sprecher Ismet Grbo setzt wie die Mehrheit der Mitglieder auf die Linie seines Parteifreundes Silajdžić. Und auch Alija Izetbegović setzt weiter auf ein einheitliches Bosnien. Wenngleich manche Beobachter die Standfestigkeit des Präsidenten bezweifeln.

Das muslimische Lager erhält Zulauf

Denn daß die muslimischen Nationalisten Zulauf haben, ist ein offenes Geheimnis. Vor allem religiöse Bruderschaften sowie viele Gliederungen der Partei auf dem flachen Lande streben einen muslimisch ausgerichteten Teilstaat in Bosnien an. Unter denen im „freien Teil“ Sarajevos lebenden Serben hat sich die demokratisch orientierte Überzeugung durchgesetzt. Der Verleger Gavrilo Grahovać kritisiert wie die anderen die „eigenständige Entität“ irgendeiner Nation in Bosnien. Für ihn sind die totalitären Strukturen des Milošević-Karadžić-Regimes über die Serben Bosniens nur in einem Bürgerstaat Bosnien-Herzegowina zu überwinden. „Die Extremisten in Belgrad und Pale haben die Serben Bosniens ins Unglück gestürzt und ihre Existenz gefährdet“, ist sein Resumee des Krieges.

Immerhin rührten sich nun auch manche Serben im besetzten Teil Bosniens, erklären Mitglieder des serbischen Bürgerforums. Die serbischen Demokraten hätten Kontakte zu jenen aufgebaut, die in der Karadžić-Republik auf den Tag X warteten. „Noch können die nicht in Erscheinung treten, das Regime von Karadžić ist terroristisch, sie müßten um ihr Leben bangen“, sagt Grahovać. Die Existenz der Serben in Bosnien hinge vom Sturz des Karadžić-Regimes ab. „Nur 500.000 Serben leben noch in jener Zone, immerhin fast 200.000 auf dieser Seite. 500.000 sind ins Ausland geflohen.“ Schon deshalb kann Karadžić nicht für die Serben Bosniens sprechen.

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