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Vorschlag

■ „Emmy Göring an der Seite ihres Mannes“ im MGT-Studio

Wer war Emmy Göring? Die Frau des NS-Reichsmarschalls Hermann Göring, geboren 1893, gestorben 1973. Ihre Bekanntschaft zu machen, ist heutzutage nicht leicht: Von flüchtigen Bemerkungen in Schauspieler-Biographien abgesehen, ist sie Persona non grata. Erst 1994 erschien Volker E. Pilgrims Buch „Du kannst mich ruhig ,Frau Hitler‘ nennen“, das sich unter anderem mit Emmy Sonnemann-Göring befaßt. Sie selbst wollte erst 1967 – Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch der Diktatur – etwas über sich erzählen und veröffentlichte die Autobiographie „An der Seite meines Mannes“.

Hitler selbst hatte die preußische Staatsschauspielerin an diese Seite gestellt, und die Rolle der „ersten Frau im Dritten Reich“ gefiel ihr nicht schlecht. Gefühlsselig beschwört Emmy die NS-Zeit, über den Rest ihres Lebens verliert sie nur wenig Worte. Wie sich in ihrer Person Kunst und Politik, Macht und Schauspiel ineinander verschlungen haben, war ihr nie wirklich bewußt: „Ich war eine Schauspielerin, die sich am Staatstheater allein mit ihren künstlerischen Mitteln durchsetzen wollte. Und ich war Hermann Görings Freundin. Beides hatte nichts miteinander zu tun.“

Hier setzt die Collage Oliver Reeses an. Der Chefdramaturg des Maxim Gorki Theaters hat sich schon in „Bartsch, Kindermörder“ als „Autor mit der Schere“ erwiesen: Er montiert Originaltexte und fügt höchstens Regieanweisungen hinzu. Daß in Emmy Görings Biographie der Schrecken „treudeutsch verpackt“ war in „ehrlicher Verlogenheit“, hat ihn gereizt. „Bartsch, Kindermörder“ war noch ein Monolog. Emmy konnte er nicht alleine reden lassen, da sonst die machtpolitische Seite fast vollständig ausgeblendet worden wäre. In 26 Szenen hat er Protokolle des Nürnberger Prozesses gegen Göring wie auch Reden des titel- und uniformsüchtigen Populisten verarbeitet.

Nach der Uraufführung des Stücks im Juni 1994 in Ulm und einem Gastspiel in Stuttgart hat Reeses „O-Tonplünderei“ nun im Studio des Maxim Gorki Theaters Premiere. In der Mitte Berlins spielt das Stück nun im einstigen Dunstkreis Görings, nur einen Steinwurf entfernt vom ehemaligen Reichsluftfahrtministerium an der Wilhelmstraße. Daniel Preikschat

Premiere: Heute, 20 Uhr, nächste Vorstellungen: 22./27. 10., 20 Uhr, MGT-Studiobühne, Hinter dem Gießhaus, Mitte.

Emmy und Hermann Göring in der Oper Abbildung: Zentralverlag der NSDAP, 1937

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