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Seehofer entscheidet über Cannabis

■ Anbau von Hanf vielleicht ab nächster Woche erlaubt / Bundesrat einstimmig dafür / Beliebter als Grützwurst

Berlin (taz) – Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) wird bereits in der nächsten Woche darüber entscheiden, ob rauschmittelarmer Nutzhanf angebaut werden darf. Der Bundesrat hat die Regierung aufgefordert, das Verbot zu lockern. Den deutschen Landwirten dürfe der Anschluß an den Zukunftsmarkt der nachwachsenden Rohstoffe nicht verbaut werden. In anderen Ländern wird der Anbau von Hanf bereits durch die EU gefördert.

Die Chancen, daß Seehofer der Entschließung folgt, gelten als gut. Experten vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Berlin hatten der Bundesregierung bereits im Sommer empfohlen, den Anbau von Nutzhanf zu legalisieren. Pflanzen, die weniger als 0,3 Prozent des rauscherzeugenden Inhaltsstoffes Tetrahydrocannabinol (THC) enthalten, seien zur Produktion von Haschisch ungeeignet und daher unbedenklich. Dennoch stuft das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in seiner Anlage I Hanf jeder Art seit 1982 als „nicht verkehrsfähig“ ein. Versuche, das Gesetz zu verändern, liefen bislang ins Leere.

Auf Antrag Brandenburgs und Schleswig-Holsteins fordert der Bundesrat nun von Seehofer, „durch Rechtsverordnung die Anlage I dahingehend zu ändern, daß das Anbauverbot für Hanf mit einem THC-Gehalt von bis zu 0,3 Prozent aufgehoben wird“.

Seehofer hat offiziell noch nicht reagiert, so Pressesprecherin Annelies-Ilona Klug auf Anfrage zur taz, aber: „Nächste Woche wird entschieden.“ Die Entscheidung komme auf jeden Fall zu spät, bemängelt Frank Waskow von der Abteilung Nachwachsende Rohstoffe des Katalyse-Instituts in Köln: „Für den derzeitigen Modetrend wird der Bedarf von rumänischen und französischen Anbietern gedeckt.“

Nachwachsende Rohstoffe seien „ein Standbein für die Zukunft“, entgegnet Jens-Uwe Schade, Pressesprecher des brandenburgischen Landwirtschaftsministeriums. Und an keinem anderen Stoff sei das Interesse so stark: „Über Hanffeldern weht der Hauch des Verbotenen, Buchweizen hingegen assoziiert man nur mit Grützwurst.“

Interessant sei Hanf vor allem wegen seiner vielen Einsatzmöglichkeiten. Dazu zählen der Baubereich, seit die Krebsgefährdung durch Dämmstoffe aus künstlichen Mineralfasern bekannt wurde, und die Textilbranche. Die Verarbeitung von Hanf-Langfasern in hochmodernen Spinnereien ist bereits möglich. Ein Modell entwickelte die Maschinenbaufirma Bahmer im baden-württembergischen Söhnstetten. Order habe es seit der Bundesratsentschließung aber noch nicht gegeben, bedauert Rolf Bahmer. Christian Arns

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