piwik no script img

Der Kampf gegen den Schweiß

■ Polyester-Bekleidung hält WanderInnen warm und trocken, den Rucksack leicht und ist besser als ihr Ruf

Herbstzeit ist Wanderzeit: Also Kleiderschrank auf und Mutters alte Knickerbocker hervorgekramt, Vaters speckigen Janker und irgendwann hatten wir uns doch schon mal Wanderschuhe auf dem Flohmarkt gekauft. Auf geht's mit der Bahn in den Harz oder den Teutoburger Wald, das Wiehengebirge oder die Alpen. Aber das Wandervergnügen währt kurz: Die Hose zwickt, durch den Janker fegt der Wind, die Schuhe drücken.

Da sich Wandern zum Breitensport entwickelt, hat die Industrie durchaus nützliche Produkte entwickelt. Polyester-Ware soll WanderInnen das laufende Vergnügen so angenehm und leicht wie möglich machen.

Der Kampf gegen den kalten Schweiß fängt bei der Unterwäsche an. Aus 100 Prozent Polyester hergestellt, leiten Sportunterhemden und Unterhosen den Schweiß von der Haut nach außen. Sie schützen WanderInnen so vor Unterkühlung bei einer Rast. Der zugegeben würzige Geruch nach einem Tag schweißtreibender Wanderung läßt sich abends mit Wasser auswaschen: Die Plasteteile sind nach einigen Stunden trocken.

Sinnvoll ist diese Unterwäsche nur, wenn auch darüber Kunstwäsche getragen wird. Bei Pullovern aus Faserpelz sollte darauf geachtet werden, daß nur Vliese aus 100 Prozent Polyester getragen werden. Sie halten sehr warm ohne sintflutartige Schweißausbrüche zu provozieren, nehmen kaum Feuchtigkeit von innen und außen auf und wiegen nur den Bruchteil eines Wollpullovers.

Unangenehm sind dagegen Billig-Vliesstoffe aus gepreßter Acrylwatte, da sie nicht atmungsaktiv sind. „Da schwitzt man sich tot drunter“, sagt Udo Wilkening, Bergwanderer und langjähriger Übungsleiter des Deutschen Alpenvereins in Bremen. Außerdem betreibt er die „Bergsportzentrale“ Vor dem Steintor.

Vlies-Pullover sollten in der der Jahreszeit angemessenen Dicke getragen werden. Der Vlies-Hersteller Malden unterscheidet seine Stoffe in Polartec 100 bis 300. Polartec 100 entspricht ungefähr der Wärme eines Sweat-Shirts, 200 der eines dünnen Wollpullovers und Polartec 300 wärmt wie ein dicker Troyer.

Da im Hochgebirge die Temperatur zu jeder Jahreszeit schnell abstürzen kann, haben Jacken „den höchsten Stellenwert“ (Wilkening) bei den Wanderklamotten. Sie müssen undurchlässig für die kühlen Elemente Wind und Wasser sein. Was nützt der schönste Ausblick vom Gipfel, wenn der Wind durch alle Poren pfeift, und das Wandern zum Frust- oder Frosterlebnis verkommt ?

Verschiedene Textilhersteller verarbeiten die High-Tech Membran Goretex. Für Touren im Gebirge empfiehlt sich das Drei-Lagen-Laminat. Dabei ist die atmungsaktive Membran fest mit dem inneren und äußeren Polyester der Jacke verschweißt. Für Leute mit kleinerem Geldbeutel und geringeren Ansprüchen empfiehlt sich für Outdoor-Aktivitäten das Zwei-Lagen-Laminat, bei dem die Goretex-Membran zumindest mit dem äußeren Stoff der Jacke verschweißt ist. Bei beiden Typen ist der Schwund durch reibende Rucksäcke gering. Nur für StadtwanderInnen empfiehlt sich die Z-Verarbeitung in vor allem modischen Jacken. Wie ein Z ist die Membran an den Enden an der Innen- und Außenwand verschweißt: Sie kann so leicht reißen und genügt nicht den hohen Anforderungen in freier Wildbahn.

Ökologisch bewußte KäuferInnen mäkelten jahrelang an Gore-tex herum: Die Membranen galten als unzerstörbar. Doch Gore und die im Ecolog zusammengefaßten Verabeiter haben ein Recyclingverfahren ausgearbeitet. Die Klamotten werden am Ende ihres Lebens geschreddert, in Wertstoffe getrennt und wieder verwendet. Der nicht-recycelbare Rest wird im Hochofen verbrannt. Ecolog und und Gore haben dafür den Innovationspreis 1995 der internationalen Outdoor-Branche erhalten.

Für Hosen gilt dasselbe wie für Jacken, nur sollten sie zusätzlich elastisch sein. Und an jedem Ende einer Wade hängt der Fuß, den WanderInnen besonders gut behandeln sollten. Die Sohle eines Wanderstiefels muß rutschfest und in sich nicht verdrehbar sein. So knickt der Fuß nicht so leicht um, vor allem wenn er durch einen hohen Schaft gesichert ist.

„Socken dürfen ruhig aus Wolle sein“, sagt Udo Wilkening, dienen sie doch nur als Platzfüller gegen Blasen. Der Schweiß entfleucht bekanntlich erst, wenn der Stiefel ausgezogen wird. ufo

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen