Immer neues Gift in Nordbayern

■ Neben den Fässern mit tödlichen Zyaniden tauchen bei der Suche auch andere Chemikalien auf / Bisher 39 Behälter gefunden / SPD kritisiert den bayerischen Innenminister wegen fehlender Spezialeinheiten

München (dpa/rtr) – Je hundert PolizistInnen in der Oberpfalz und in Mittelfranken kämmen die Autobahnparkplätze durch und finden immer neue Giftfässer, bis gestern mittag 39 Stück. Auch drei Hubschrauber sind ausgeschwärmt. Dabei tauchten auch die ersten Fässer abseits von Autobahnen auf, wie in Parsberg in der Oberpfalz. Nachdem mehrere Feuerwehrleute verletzt wurden, haben Spezialfirmen die Bergung übernommen. Seit den Giftmüllfunden in Bayern hat das Landeskriminalamt auf Hochtouren nach den Tätern gefahndet.

Konkrete Hinweise auf die Urheber des Giftskandals wurden immer noch nicht mitgeteilt, nur daß sie die Zyanide in Fahrtrichtung Ost abgeladen haben. Die Fässer stammen aus der metallverarbeitenden Industrie. Ein Hersteller ist ein Unternehmen der deutschen chemischen Industrie. Laut einem Polizeisprecher bedeute das noch nicht, daß der Hersteller auch für die illegale Entsorgung der Fässer verantwortlich sei.

Wie bei Chemie-Sauereien üblich, kommen bei der Gelegenheit auch andere Verbrechen ans Licht. Nahe Burghaslach im Landkreis Ansbach wurden zwei Behälter mit braunem, zähflüssigem Inhalt entdeckt, die schon länger ausgelaufen waren. An der Bundesstraße 8 bei Nürnberg fand sich ein 100-Liter-Faß mit rotem Granulat samt einem Plastiksack mit weißem Zeugs. Norbert Czerny, der Polizeisprecher des Präsidiums Niederbayern/Oberpfalz beklagte auch diverse kleinere Funde. Bei der Suche auf Autobahnparkplätzen seien die Beamten in Gräben und Gebüsch auch auf Gift und Unrat gestoßen, die offensichtlich nichts mit dem Giftmüllskandal zu tun hätten. „Die Moral in Sachen Umwelt ist in Deutschland wohl stark gesunken“, so Czerny.

Die SPD besteht laut dem Landtagsabgeordneten Thomas Jung darauf, daß Innenminister Günther Beckstein bereits am kommenden Dienstag dem Landtag Rede und Antwort stehen müsse. Dabei werde die SPD die „unverantwortliche Schlamperei“ der Behörden anprangern, betonte Jung. Bereits im Sommer habe die SPD die Einrichtung von Fachkommissariaten für Umweltkriminalität gefordert. Dies sei abgelehnt worden, was sich jetzt bitter räche. Alle anderen Bundesländer hätten bereits solche Spezialeinheiten.