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Hilfe zur Umwelt-Selbsthilfe

■ 20 VietnamesInnen erlernen in Köpenick den Aufbau einer Umweltverwaltung. In Vietnam hat „Umweltschutz Priorität“ – aber niemand weiß, wie er umzusetzen ist

Nam Cu Viet Ha tröpfelt eine Flüssigkeit in einen Fingerhut voll Wasser, dann einen Tropfen einer anderen Chemikalie hinzu, schüttelt, wartet eine Minute, und nach einem weiteren Arbeitsschritt ist der Säure-Gehalt des Wasser ermittelt. Die 35jährige Vietnamesin lernt in Deutschland für die Umwelt in Vietnam.

Nam Cu Viet Ha hält sich zusammen mit 19 weiteren Landsleuten auf Einladung der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung (DSE) Berlin für drei Wochen in Deutschland auf, um ihr Wissen in Umweltanalytik und -management zu vertiefen. In Vietnam soll das Gelernte dem Aufbau einer staatlichen Umweltverwaltung für das wirtschaftlich aufstrebende Land zugute kommen. Frau Ha ist Referatsleiterin für Umwelt in der von 270.000 Menschen bewohnten Gebirgsprovinz Hoa Binh nordwestlich von Hanoi. Dort befindet sich der von der Sowjetunion finanzierte „Frieden“- Staudamm mit einem Turbinenkraftwerk zur Energiegewinnung. Hier könne für die Umwelt nichts mehr verändert werden, meint Ha, aber bei künftigen Projekten – oft gemeinsam mit japanischen Firmen – sollen Umweltverträglichkeitsprüfungen und Information der betroffenen Bevölkerung die Regel werden. „Wir haben keine Tradition der öffentlichen Planung, schon gar nicht auf dem Lande“, sagt sie.

In Köpenick hat die Gruppe unter Leitung des Hanoier Hochschuldozenten Nguyen Dinh Hoe die Beamten mit Fragen zum deutschen Umweltrecht gelöchert. Sie besichtigten diese Woche das Berliner Luftgütemeßnetz „Blume“ und trainierten im Köpenicker Haus für Natur und Umwelt, wo sonst Schulklassen den Umgang mit der Natur lernen, die chemische Bestimmung von Wasser- und Bodengüte. In der kommenden Woche stehen Konfliktbewältigung, Bürgerbeteiligung und Umweltplan-Erstellung in Form von Rollenspielen und Simulationen auf dem Programm.

Die 20 Umweltbeamten sind die nunmehr dritte Gruppe einer Serie, die im Laufe der nächsten Jahre nach Berlin kommen und von der DSE betreut werden, sagt Projektleiter Hinrich Mercker. In Vietnam schaffe die wirtschaftliche Liberalisierung ein investitionsfreundliches Klima, während gleichzeitig Steuerungsinstrumente und staatliche Umweltvorgaben weitgehend fehlten. Umweltschutz habe Priorität, aber es gebe kaum Erfahrung, wie er umzusetzen sei.

„Die Industrie entwickelt sich noch fast ungeregelt und die Umweltbelastungen nehmen schnell zu“, bestätigt Nguyen Dinh Hoe. Das erst 1992 gegründete Ministerium für Wissenschaft, Technik und Umwelt muß sich nun auch um sauberes Trinkwasser und Abfall kümmern. So sei das Abwassersystem der vietnamesischen Hauptstadt seit der französischen Kolonialzeit nicht mehr erweitert oder erneuert worden. „Für uns ist alles neu und wir hoffen, von deutscher Politik und deutschen Gesetzen lernen zu können“, meinen die Teilnehmer. Gerald Mackenthun, dpa

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