■ Schnittplatz: Weihrauch von Hajo
Allen, die es vielleicht nicht ganz mitbekommen haben, sei's nochmal gesagt: Dieser Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis, der da gestern erstmals in Köln verliehen wurde, war kein öffentlich-rechtlicher Preis. Sondern eigentlich ein total privater. Versichert jedenfalls Ulrich Wickert. Kurz vor dem Tod von Hajo Friedrichs sei im Kreis seiner Weggefährten die Idee aufgekommen, zu seinem Gedenken einen Preis für herausragenden Fernsehjournalismus zu stiften. Gefragt, ob ihm eine derartige Ehre auch wirklich eine sei, habe Friedrichs, so Wickert „emotional sehr bewegt“ reagiert. Also wurde flugs ein Verein gegründet, dessen alleiniger Zweck die Vergabe des „Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises“ ist, und Wickert zum Vorsitzenden gewählt. Den ersten Träger dieser mit 10.000 Mark dotierten Auszeichnung soll Friedrichs, nach einem Wunschkandidaten gefragt, quasi noch selbst bestimmt haben: Thomas Roth.
So kam der ehemalige Moskau- Korrespondent der ARD und amtierende Hörfunk-Chef des WDR also zu seinem ersten Preis, der ihm gestern feierlich überreicht wurde. Weit laufen mußte Roth dafür nicht, fand doch die Zeremonie im eigenen Hause statt. Denn als Friedrichs' alter Haussender hatte der WDR dem Verein die Ausrichtung der Zeremonie angeboten. Dieser nahm dankend an und damit zumindest billigend in Kauf, daß dem Preis etwas von öffentlich-rechtlicher Selbstbeweihräucherung anhaftet.
So braucht man kein Prophet zu sein um zu prognostizieren, daß im nächsten Jahr wohl verstärkt in den Reihen des ZDF nach einem würdigen Preisträger gefahndet wird. Schließlich findet sich unter den 16 Vereinsmitgliedern und Juroren auch ein gewisser Klaus Bresser. Und wenn dann vielleicht im dritten Jahr doch entschieden gegen den Verdacht öffentlich- rechtlicher Schulterklopferei votiert werden soll – wie wär's mit Spiegel-TV? Nicht weil mit Birgit Schwarz, Cordt Schnibben und Jürgen Leinemann drei Redakteure des Spiegel zu den Juroren gehören. Eher, weil das TV-Magazin nicht öffentlich-rechtlich ist, ohne deshalb gleich so total privat zu sein. Obwohl der Preis, wie gesagt, an sich ein ganz privater ist.Reinhard Lüke
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