Das Portrait: Kurde für Kreuzberg
■ Riza Baran
„Nationalität ist kein Programm“, sagt Riza Baran. Der 53jährige Kurde war einer von denen, die mit der „ersten Generation“ 1963 aus der Türkei nach Deutschland kamen. „Ich bin in erster Linie Kreuzberger“, sagt er heute.
Jetzt haben die Kreuzberger bei der Berliner Wahl Deutschland gleich zwei politische Premieren beschert: Neben einer Parteifreundin im Nachbarwahlkreis ist Riza Baran der erste Grüne, der über ein Direktmandat in ein Landesparlament einzieht. Und: Riza Baran ist der erste direkt gewählte Immigrant.
Zwar sind in Kreuzberg ein Drittel der Einwohner ohne deutschen Paß, aber mangels Ausländerwahlrecht ist Baran von 35 Prozent der deutschen WählerInnen ins Berliner Parlament geschickt worden. Damit liegt der Grüne in seinem Wahlkreis deutlich vor den Kandidaten von CDU und SPD (30 bzw. 26,5 Prozent). Auch die PDS half mit, Baran ins Abgeordnetenhaus zu hieven. Sie verzichtete zugunsten Barans in seinem Wahlkreis auf einen eigenen Kandidaten.
In Berlin-Kreuzberg direkt gewählt: Der grüne Kurde Riza Baran Foto: Metin Yilmaz/Paparazzi
„Mich werden alle wählen, die gute Erfahrungen mit Immigranten gemacht haben“, meinte Baran vor der Wahl. Gleichzeitig gestand er ein, daß es in einem Stadtteil wie Kreuzberg kulturelle Spannungen gibt. Die meisten Probleme hält er aber für „nicht ethnologisch“ sondern sozial bedingt. Ausländerkriminalität und die überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit sind für Baran ein Zeichen, daß die Gesellschaft besonders den jungen Ausländern keine Perspektive bietet. Deshalb will er sich im Abgeordnetenhaus für eine doppelte Staatsbürgerschaft, für eine multikulturelle Schulpolitik und für Arbeitsbeschaffungsprogramme einsetzen.
Mit diesen Zielen dürfte der studierte Bauingenieur und jetzige Berufsschullehrer ausgelastet sein. „Ich bin genau, korrekt und arbeitssüchtig und deshalb für die Politik geschaffen“, sagt Riza Baran und bescheinigt sich eine „preußische Haltung“.
Politisch aktiv war Baran schon lange: Zuerst in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), dann als Parteiloser in verschiedenen Bezirksgremien, bis ihn schließlich die Grünen für sich gewannen. Seine Tochter, mit der Riza Baran in einer Altbauwohnung lebt, ist um ihren Vater etwas besorgt: „Sie meint, meine 60-Stunden-Woche ruiniert die Gesundheit.“ Adrian Prechtel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen