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Separatisten in Führung

■ Am Montag entscheidet die Bevölkerung Quebecs über Abspaltung

Montreal (AP) – Vier Tage vor dem Unabhhängigkeitsreferendum in Quebec wird der Kampf um die noch unentschlossenen Wähler immer härter geführt. Der kanadische Ministerpräsident Jean Chrétien beschwor am Mittwoch abend die Bewohner der französischsprachigen Provinz, für die Einheit Kanadas zu stimmen. Separatistenführer Lucien Bouchard hingegen sagte auf einer Großkundgebung in Montreal einen Sieg am Montag voraus.

Die Demoskopie gibt ihm recht: Einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage zufolge sind 44 Prozent der Einwohner Quebecs für die Unabhängigkeit und 42 Prozent dagegen. Der Rest der 1.072 Befragten war noch unentschlossen. Und um diese BürgerInnen für sich zu gewinnen, werden beide Seiten in den verbleibenden Tagen nichts unversucht lassen.

Chrétien nutzte erstmals das Recht eines kanadischen Regierungschefs, für ein wichtiges Thema landesweit Fernsehzeit zu beanspruchen. In einem emotionsgeladenen Appell warb er für die Einheit: „Sind Sie wirklich bereit, der ganzen Welt zu sagen, daß Menschen verschiedener Sprachen, verschiedener Herkunft und verschiedener Kulturen nicht zusammenleben können? Haben Sie einen guten Grund, Kanada zu zerstören?“, fragte er.

Chrétien bestand darauf, daß seinem Widersacher Bouchard die gleiche Redezeit eingeräumt wurde. Beide sprachen in englisch und französisch. Bouchard drang darauf, im Falle einer Abtrennung Quebecs neue wirtschaftliche und politische Beziehungen zum Mutterland auszuhandeln.

Unterdessen sprachen sich 12.000 Cree-Indianer, die die Nordhälfte Quebecs für sich beanspruchen, in einer Volksbefragung mehrheitlich gegen die Unabhängigkeit der Provinz aus. Drei Hubschrauber waren im Einsatz, um auch den Wahlberechtigten in abgelegenen Waldgebieten die Stimmabgabe zu ermöglichen.Wie Häuptling Matthew Coon Come mitteilte, entschieden 96 Prozent der Cree, daß sie im Fall einer Sezession Quebecs bei Kanada bleiben wollten. Ein Sprecher der Separatisten sagte dazu, eine Abtrennung von Indianerland komme auf keinen Fall in Frage.

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