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Rolandrebellen

■ Heute im Kino 46: „Ich bin ein Elefant, Madame“, der Film zum Scherf-Geburtstag

Heute hat der Bürgermeister Geburtstag und einen Wunsch frei. Das Kommunalkino 46 erfüllt ihn (vielleicht darf sich das Kino dann auch was von ihm wünschen). Henning Scherf erinnerte sich seiner Schulzeit im Alten Gymnasium und wünschte sich Peter Zadeks „Ich bin ein Elefant, Madame“ von 1968. Einen der wenigen in Bremen gedrehten Spielfilme von Rang mit ebenjenem Gymnasium im Mittelpunkt. „Hier erfuhr ich meine persönliche Politisierung in der Schülervertretung“, sagt Scherf. Weiter schätzt er den Film besonders, wie der „die Suche der Nachkriegsgeneration zwischen beharrender Autoritätsgläubigkeit und sozialrevolutionärem Bewußtsein beschreibt“. Fast wortgleich steht es so im Lexikon des internationalen Films, sicher ein Zufall.

Es macht jedenfalls immer noch Spaß, Zadeks experimentierfreudig montierten Filmcollage über eine Primanerklasse mit aufkeimendem Drang zur Demokratisierung zuzuschauen. Anklänge an die Nouvelle Vague der Godard, Truffaut und Rivette sind in Zadeks Arbeit nicht zu verleugnen.

Spaß macht „Ich bin ein Elefant, Madame“ nicht bloß wegen des Stimmungsbildes aus dem Bremen der späten 60er Jahre. Sondern auch, weil Zadek intelligent genug war, sich weder von den Schülern, noch von den Lehrern vereinnahmen zu lassen. Keine filmischer Agitprop ist entstanden, sondern ein erfreulich differenziertes Porträt einer Schülergeneration.

Doch selbst bei Zadek gilt: Die Mathematik-Lehrer sind immer die Hardliner, die Fremdsprachler biedern sich mit Vorliebe an und die Kunstlehrerin ist schon damals unheimlich aufgeschlossen und davon überzeugt, daß man für die kleineren Schüler-Unruhen auf dem Bremer Marktplatz Verständnis haben muß.

Stein des Anstoßes ist Rull, der die altehrwürdige Schule schließlich sogar mit einem weithin sichtbaren Hakenkreuz verunziert. Zadek ließ Rull die Schmierage an der Bürgerschaft anbringen. Er wollte authentische Bürgerreaktionen provozieren, die sich als Schwarz-weiß-Sequenzen im Film wiederfinden. Die Provokation gelingt, der Kameramann handelt sich sogar eine Ohrfeige ein.

Henning Scherfs Geburtstag fällt mit dem bundesweiten Aktionstag der über 150 kommunalem Kinos zusammen. Landauf, landab werden denen die Subventionen gekürzt. Das Schicksal könnte auch den 380.000 Marks-Etat des Kino 46 ereilen. Den PolitikerInnen ist eben das Medium immer noch nicht ganz geheuer, und die „kulturelle Filmarbeit“ der kommunalen Kinos, die es seit mehr als 20 Jahren gibt, schon gar nicht. Filme zeigen, die woanders keine Chance haben, „schwierige“ Genres, ungewöhnliche Längen, kaum bekannten Filmproduktionsländern Öffentlichkeit zu geben – damit läßt sich aber nun mal keine Kasse machen. Alexander Musik

Heute abend, 20.30 Uhr, Kino 46

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