: Unfähig oder „gemobbt“?
■ Ausschuß beschäftigt sich mit Frühpensionär Schädler
Wiesbaden (taz) – 375.000 Mark Frühpension im Jahr kassiert Johannes Schädler. Dabei hat der 38jährige gerade mal fünf Monate als Staatssekretär in der hessischen Landesregierung hinter sich. Ob Schädler vor einigen Monaten zu Recht wegen Inkompetenz gefeuert oder nur „gemobbt“ wurde, soll jetzt ein Untersuchungsausschuß klären. Gestern nahm das Gremium im Wiesbadener Landtag die Arbeit auf.
Der Untersuchungsausschuß beschäftigt sich mit der Entlassung Schädlers und dem darauffolgenden Rücktritt der bündnisgrünen Ministerin Iris Blaul. Nach Meinung des Landesgeschäftsführers der SPD, Norbert Schmitt, war Ex- Staatssekretär Schädler tatsächlich eine „Pflaume“, die zu Recht „gepflückt“ worden sei. Sympathisanten bezeichnen dagegen Schädler als fachkompetenten, aber vom „Küchenkabinett“ (CDU) der Ministerin gemobbten Sozialpolitiker. Immerhin hatten nach der Entlassung von Schädler rund 20 Abteilungsleiter aus dem Sozialministerium gegen diesen „Willkürakt“ (CDU) protestiert.
Als „Betroffene“ und Zeugen erschienen gestern die Ex-Ministerin für Jugend, Familie, Gesundheit, Umwelt und Energie, Iris Blaul, und ihr Lebensgefährte und Ex-Zentralabteilungleiter im Umweltministerium, Wenzel Mayer (Bündnis 90/Die Grünen). Beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel hatten beide durchgesetzt, vor dem Ausschuß als „Betroffene“ und nicht ausschließlich als Zeugen aussagen zu können. Das erspart beiden die Vereidigung und garantiert die Übernahme der „notwendigen Auslagen“ ihrer Rechtsbeistände durch das Land Hessen.
Vor dem Ausschuß machte Blaul gestern deutlich, daß Schädler trotz einer „hinreichenden Einarbeitungszeit“ nicht in der Lage gewesen sei, seine klar umrissenen Aufgaben als „Fach-Staatssekretär“ für Sozialpolitik wahrzunehmen. Im Gegenteil habe sich der Mann permanent in Dinge eingemischt, die ihn „nichts angegangen“ hätten, und Entscheidungen und Beschlüsse – etwa Vorgaben aus dem Koalitionsvertrag – immer wieder in Frage gestellt.
Als Schädler im Sommer auch noch angefangen habe, die Fachabteilungen im Sozialministerium gegen die Sparbeschlüsse der Koalition aufzubringen und zur Produktion von „Ideenpapieren“, auch zur Beschaffung von Finanzmitteln, zu animieren, sei es zum großen Zerwürfnis zwischen ihr und dem Staatssekretär gekommen. Blaul damals: „Junge, so geht das aber nicht!“ Um ein „Desaster“ zu vermeiden, sei sie dann selbst zurückgetreten, sagte Blaul. Sie habe damit die politische Verantwortung für die Einstellung von Schädler übernommen. Klaus-Peter Klingelschmitt
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