: Diepgen und Nagel üben Koalition
Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) weiß jetzt schon, daß die Große Koalition fortgesetzt wird. SPD-Politiker drängen eigene Partei zu Gesprächen mit der CDU ■ Von Severin Weiland
Die Weichen zur Bildung einer neuen Großen Koalition sind noch nicht gestellt, doch führende CDU- und SPD-Politiker haben bereits Hand am Hebel angelegt. Eine „handlungsfähige“ Regierung, so Eberhard Diepgen nach der gestrigen Senatssitzung, könne nur aus den bisherigen Koalitionspartnern CDU und SPD bestehen. Die Stadt brauche eine stabile Regierung, Kontinuität und eine „ausreichende parlamentarische Mehrheit“. Diepgen zeigte sich zuversichtlich, daß im Dezember oder Januar ein neuer Senat gebildet wird.
Unterdessen verstärken führende SPD-Politiker vor dem Landesparteitag am 7.November den Druck auf ihre Partei, um eine Fortsetzung der bisherigen Koalition zu sichern. Heute wollen die ehemalige Spitzenkandidatin Ingrid Stahmer, der Ex-Regierende Walter Momper und der frühere Landes- und Fraktionsvorsitzende Ditmar Staffelt auf einer Pressekonferenz für Gespräche mit der CDU werben.
Staffelt erklärte gestern auf Anfrage, er hoffe auf eine „weise Entscheidung“ des Parteitages. Die SPD dürfe nicht von vorneherein Gespräche mit der CDU verweigern. Es gebe nicht die Alternative „Koalition oder Opposition, sondern nur Koalition oder Neuwahlen“. Die Stadt könne nicht „über einen längeren Zeitraum“ durch einen CDU-Minderheitssenat regiert werden, trat er einem Antrag des Parteilinken und Landesschatzmeisters Klaus-Uwe Benneter nach einem Rückzug der SPD auf die Oppositionsbänke entgegen.
Auch Diepgen lehnte gestern eine CDU-Minderheitsregierung ab. Eine solche Konstellation werde „so nicht eintreten“. Zurückhaltung übte er gestern gegenüber Überlegungen aus seiner eigenen Partei, Neuwahlen für den Fall eines SPD-Rückzugs anzusetzen. Nur wenn sich „bestimmte Parteien in die Schmollecke“ zurückzögen, meinte er in Anspielung auf die SPD, werde man darüber diskutieren: „Das steht aber überhaupt nicht an.“ So wie er die Sozialdemokraten kenne, würden sich aber die „verantwortlichen Kräfte“ durchsetzen.
Der neben ihm sitzende Bausenator Wolfgang Nagel (SPD), der sich für eine Fortsetzung der Großen Koalition stark macht, konterte mit der Bemerkung, ungebetene Ratschläge könnten in der gegenwärtigen Situation „kontraproduktiv“ sein. „Noch gibt es in der Berliner SPD genügend besonnene Menschen, die diese Beratung selbst vornehmen.“
Ausweichend äußerte sich Diepgen zum Umgang mit dem Milliardenloch im Landeshaushalt. Vor der Sitzung des Finanzkabinetts werde er dazu nichts sagen. Er machte allerdings klar, daß neben einem parlamentarisch getragenen Nachtragshaushalt der Senat von sich aus auch „haushaltswirtschaftliche Maßnahmen“ treffen könne. SPD-Fraktionschef Klaus Böger warf Diepgen vor, anstelle einer Haushaltssperre gestern wieder einmal nur „schwadroniert“ zu haben.
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