■ Mit Molkereiprodukten auf du und du: Multikulti-Käse
Frankfurt/Main (taz) – Ausländische Mitbürgerkinder trinken auch Milch und essen Käse. Wer hätte das gedacht? Die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) im allgemeinen und ihr Abteilungsleiter Molkereiprodukte (MoPro) Willi Fuhrmann im besonderen haben jedenfalls die ausländischen KonsumentInnen in Deutschland entdeckt.
Flächendeckend und stellvertretend für die zögerlichen deutschen PolitkerInnen will die CMA für die Integration der ImmigrantInnen kämpfen: Über die „Germanisierung“ der Eßgewohnheiten, wie sich Claudia Korenke vom PR-Aktionsbüro Milchfrischprodukte gestern auf einer Pressekonferenz der CMA ausdrückte.
Germanisierung? Ein hartes Wort. Mit „Ethnic Food“ sei vielleicht besser umschrieben, was die CMA anstrebe, korrigierte sich Korenke. Schließlich würden die Deutschen von Ostfriesland bis Bayern zum Inder, zum Türken oder zum Griechen essen gehen. Da könnten die knapp sieben Millionen AusländerInnen in Deutschland doch im Gegenzug mehr deutsche Molkereiprodukte kaufen.
Mozzarella aus Fulda vielleicht. Oder einen richtigen „Multikulti-Käse“, den neuen Feta aus Kuhmilch von „Schwälbchen“. Immerhin: Beim Morgenmahl, weiß Frau Korenke zu berichten, hätten viele AusländerInnen die deutschen (!) Frühstücksgewohnheiten schon angenommen. „Das Brötchen, den Joghurt, den Kaffee ...“ Aber ist nicht das Brötchen ein früher Import aus Frankreich? Wurde der Joghurt nicht zuerst auf dem Balkan gelöffelt? Und haben nicht die Muselmanen im Osmanischen Reich den Kaffee „erfunden“?
Anyway. Die Botschaft ist angekommen und wird hiermit weitergegeben: Eßt mehr deutschen Käse, ihr AusländerInnen in Deutschland. Denn die CMA hat ein hochgestecktes Ziel. Die 20-Kilo-Grenze beim Käseverzehr pro Kopf der „Gemeinschaft der hier lebenden Menschen“ (Fuhrmann) soll im nächsten Jahr deutlich überschritten, der Umsatz der Branche von 37 Milliarden Mark 1994 soll weiter gesteigert werden.
Die Griechen mit ihrem enormen Schafskäseverzehr, die noch immer den zweiten Platz in der weltweiten Hitliste der Käseesser halten, wären dann besiegt. Deutschland – einig Multikulti-Käseland. Klaus-Peter Klingelschmitt
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