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SPD will Milliarden für Waigel

Bundesregierung soll prüfen, ob die Treuhand DDR-Banken viel zu billig verkauft hat. Bericht des Rechnungshofs zeigt Milliardenschäden  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – Westdeutsche Banken haben beim Kauf von DDR-Kreditinstituten möglicherweise Milliarden an Steuergeldern abgezockt. Der Bundesrechnungshof stellte kürzlich fest, daß bei der Umstrukturierung des DDR-Bankensystems die Grundsätze einer sparsamen Haushaltsführung grob mißachtet wurden. Darauf wiesen gestern SPD-Vizefraktionschef Otto Schily und der als Obmann der Sozialdemokraten im 2. Untersuchungsausschuß „veruntreutes DDR-Vermögen“, Friedhelm Julius Beucher, hin.

Mit einem Katalog unangenehmer Fragen an die Bundesregierung wollen sie herausfinden, ob der Schaden für die öffentlichen Kassen sogar noch größer ist als das kürzlich aufgetauchte Finanzloch von 20 Milliarden Mark im Bundeshaushalt.

Konkret geht es um den Vorwurf, daß sich die Berliner Bank die Berliner Staatsbank für 49 Millionen Mark einverleiben konnte – die Kreditforderungen der Staatsbank gegenüber DDR-Betrieben in Höhe von 11,5 Milliarden Mark sollen dabei unberücksichtigt geblieben sein. In mehreren Fällen sollen Banken Zinsen für Altkredite gleich mehrfach kassiert haben: von der Treuhand, vom Ausgleichsfonds des Bundes und von den Kreditnehmern.

Auch bei der Berechnung der Immobilien ist offenbar geschlampt worden. „Grundstücke in hervorragenden Lagen hatten gelegentlich einen höheren Wert als der gesamte Geschäftsbetrieb“, vermutet Schily. In den Kaufpreis eingegangen sind sie beim Verkauf der ostdeutschen Banken aber kaum, moniert der Rechnungshof.

Die Prüfer der staatlichen Ausgaben haben außerdem festgestellt, daß die Finanzämter in vielen Fällen die Akten gleich zur Seite legten, wenn ein Unternehmen hohe Verluste auswies. Die roten Zahlen waren jedoch häufig nur ein Resultat einer überhöhten DM-Eröffnungsbilanz und daraus resultierender hoher Abschreibungsmöglichkeiten.

„Die Finanzämter im Beitrittsgebiet überprüften diese Wertansätze im Regelfall auch dann nicht, wenn die Bilanzunterlagen Anhaltspunkte für eine Überbewertung in Millionenhöhe enthielten“, heißt es in der Unterrichtung des Bundesrechnungshofs an den Bundestag. Die Bilanzkontrolleure glauben, „daß die ungeprüfte Übernahme der Wertansätze durch die Finanzämter zu Steuerausfällen für Bund und Länder in Milliardenhöhe geführt hat und führen wird.“ Der Sprecher des Finanzministeriums verwahrte sich gestern gegen eine „polemische Auseinandersetzung der SPD“ mit dem Thema und versicherte, der Rechnungshofbericht werde eingehend geprüft.

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