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Brisante Filmkunst

■ Hat die Ufa in ihren Hamburger Kinos regelmäßig Nazipropaganda gezeigt?

„Freundeskreis Filmkunst“, das klingt ganz unverfänglich. Aber wenn ein Flugblatt recht hat, das seit einigen Tagen in Szenekreisen kursiert und der taz vorliegt, dann verbirgt sich hinter diesem Namen ein recht dubioser Verein. Am jeweils ersten Sonntag im Monat sollen sich, dem Flugblatt zufolge, unter diesem Banner Unverbesserliche treffen, um gemeinsam vormittags ins Kino zu gehen – nichts Schlimmes, natürlich, nur handelt es sich nach dem Flugblatt um ganz besondere Filmkunst: Die Herrschaften erbauen sich an Nazipropaganda. Was dies zu einem brisanten Thema macht: Die Kinokette Ufa stellt zu diesem Zweck, dem Flugblatt zufolge, ihre Lichtspielhäuser zur Verfügung. Verdient die Ufa also an Ewiggestrigen?

Werner Fricke von der Ufa in Hamburg kann sich tatsächlich an einen „Freundeskreis Filmkunst“ erinnern: „Die haben vor langer Zeit mal bei uns einen Film gezeigt, dann war uns das suspekt, und wir haben nie wieder eine Vorführung mit ihnen durchgeführt.“ taz-Recherchen ergaben daraufhin allerdings, daß in diesem Jahr in dem Hamburger City-Kino mindestens drei geschlossene Veranstaltungen mit dem „Freundeskreis Filmkunst“ stattfanden. Darüber hinaus spricht vieles dafür, daß tatsächlich ein regelrechter Vertrag der Ufa mit den Filmkennern existiert oder zumindest existiert hat. Bevor der Ufa-Palast am Gänsemarkt abgerissen wurde, könnten hier die sonntaglichen Kinoausflüge stattgefunden haben, ins Ufa-Kino City wurden sie erst nach dem Abriß verlagert.

Bei der Ufa allerdings wiegelt man weiterhin ab. Fricke: „Mag sein, daß es mehr Vorführungen gab. Aber dann wurden zumindest nie irgendwelche Auffälligkeiten festgestellt.“ Zudem sei anhand der Filme der „Freundeskreis Filmkunst“ keineswegs als nazistisch erkennbar gewesen: Alle gezeigten Filme seien ausnahmslos auch im Fernsehen gelaufen. Die Filme, die das Flugblatt angibt – Titel wie Das deutsche Danzig, Waffen für 16.000 Mann oder Alltag auf einem germanischen Gehöft –, seien nach seinem Kenntnisstand nicht gezeigt worden. Zudem habe es in den Sondervorführungen nie irgendwelche politische Agitation gegeben. drk

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