Die Zeit des Strahlens ist vorüber

■ Nach dem DFB-Pokal-Aus muß Stendal in die Realität zurück

Stendal (taz) – Als es Nacht geworden war in Stendal, war wieder alles wie zuvor. Der Bahnhof lag verlassen, davor schlummerten in ihren Kärren die Taxifahrer. Wenige Stunden zuvor hatten sie noch emsig Extraschichten gefahren. Im Hotel am Bahnhof sprachen unterdrückt noch ein paar Anhänger davon, wie nah das DFB-Pokalhalbfinale gewesen sei, als Sven Bergen den entscheidenden Strafstoß vergab, und daß der Student gegen Mannheim in der Pokalrunde davor noch so sicher getroffen hatte.

Davon redeten auch die Spieler von Lok/Altmark Stendal, als sie im Clubraum saßen, um am Fernseher Werder Bremens UEFA- Cup-Spiel zu sehen. Was signalisierte: Ihr Einsatz war beendet, sie waren wieder Zuschauer. Das Seltsame aber war: Beim Regionalligisten hatte keiner damit gerechnet. Nachdem Paolo Sergio den 5:4- Elfmeterschießen-Sieg (0:0) für Bayer Leverkusen erledigt hatte, war nichts im „Hölzchen“ zu hören, kein Entsetzen, kein Aufstöhnen. Ganz so, als ginge es immer weiter. „Ich war mir sicher, daß wir es schaffen“, sagte Spielführer Rainer Wiedemann. Der Stürmer war 120 Minuten mit derart selbstsicherem Strahlen über den Platz gerannt, daß an seinen Worten kein Zweifel bestehen kann. Und nicht nur ihn hatten die Pokalsiege über die Zweitligisten Wolfsburg, Hertha und Waldhof fröhlicher gemacht: „Wir werden das Ding schon schaukeln“, hatte der Stadionsprecher nach Ende der 90 Minuten den 12.000 verkündet; ein Optimismus, der in dem grauen, wirtschaftlich extrem geplagten Altmark-Doomtown, nördlich von Magdeburg gelegen, seltsam euphorisch daherkam.

Präsident, Manager und Trainer Klaus Urbanczyk hat man jedenfalls auch nach dem Aus halbwegs fröhlich gesehen: Die halbe Million Einnahmen sichert dem Regionalliga-Sechsten und ranghöchsten Team des Bundeslandes Sachsen-Anhalt das Wirtschaften bis zum nächsten Sommer in der Regionalliga Nordost. Ein paar Sponsoren sind an Bord, der Landrat hat am Dienstag einen Bus für die Jugend übergeben.

Mag also manches in nächster Zeit etwas heller sein, so wird doch nichts rosarot. Im Bahnhofshotel mochte sich Stürmer Dinalo Adigu nicht mehr mit dem Viertelfinal- Ende aufhalten. Der junge Mann, aus Offenbach gekommen, hatte sich in den 120 Minuten bemüht, zumindest Zweitliga-Tauglichkeit nachzuweisen.

In einem Team möchte er spielen, „das kluge Bälle in die Spitze spielt“, das seine Stärken einsetzt, ihn zur Wirkung kommen läßt. Das, kann man heraushören, ist bei Lok nur begrenzt drin, wo man nur Antal Topor (32) für den gepflegten Ball hat. Gestrahlt hat Adigo nicht: So alt wie der Ungar ist, will er in Stendal möglichst nicht werden. Peter Unfried