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Man muß erkennen, daß der Stahl lebt

■ Ob Sessel, Tisch oder Lampe – Metallmöbel nach Maß bei „Werkform Design“

Mit blendend weißer Flamme frißt sich der Plasmaschneider durch den Stahl, als wäre es Papier. In Sekundenschnelle schneidet er Namenszüge oder Ornamente aus dem Metall. Ohrenbetäubender Lärm der Kompressoren dröhnt durch den Raum. Doch nicht schmiedeeiserne Gitter oder Gartenzäune werden hier produziert, sondern futuristisch anmutendes Mobiliar. Seit rund dreißig Jahren baut die Firma „Werkform Design“ in der Pestalozzistraße Möbel aus Metall.

„Wir arbeiten mit Stahl, Messing oder Acryl, Granit und Glas. Gerade die Mischung von Materialien macht den Reiz aus“, erklärt Frantek Riedel, Gründungsmitglied von „Werkform Design“. Sein Steckenpferd sind bewegliche Möbel, vom Sessel mit stufenlos verstellbarer Rückenlehne bis hin zur Liege, die mit Elektromotor ausgestattet ist. „Hauptsache man erkennt, daß Stahl lebt“, sagt er. Für seinen Partner Kurt Woischnig ist es wichtig, das Metall nicht unter Lackschichten zu verstecken: „Man soll das Eisen sehen und spüren, worauf man sitzt.“

Oft kommen auch Kunden mit bestimmten Vorstellungen und lassen sich über Materialien und Ausführung beraten. „Der Entwurf für eine ausgefallene Lampe beispielsweise, die wir auf Bestellung anfertigen, macht richtig Spaß“, sagt Kurt Woischnig. Auch wenn das Risiko besteht, daß der Entwurf nicht gefällt. Bei kleineren Aufträgen helfen sich die Designer mit Zeichnungen. Bei komplizierteren Arbeiten, der Neugestaltung einer Kneipe etwa, ist ein Modell unverzichtbar. „Allein der Bau eines Thekenmodells bedeutet drei Tage Arbeit“, sagt Woischnig. Da die Entwurfsarbeit selbst nicht bezahlt wird, könnte dies ein teures Vergnügen für die Künstler werden, wenn es nicht zum Auftrag kommt.

Neben solchen Großkunden arbeitet die Werkstatt viel für Stahlliebhaber, die keine Massenproduktion aus dem Möbelhaus möchten, sondern ein einzigartiges Möbelstück haben wollen. Die meisten Interessenten finden durch Mundpropaganda zu „Werkform Design“. Da die frechen Wohnexponate ausschließlich in der eigenen Werkstatt verkauft werden, sucht man sie in den Designerläden der Stadt vergeblich. „Die Branche kauft lieber in Köln auf der Möbelmesse ein, und hat nicht den Mut außergewöhnliche Sachen von jungen Berliner Möbeldesignern auszustellen“, kritisiert Frantek Riedel. Deshalb sei die Berliner Designerszene nicht mehr so lebendig wie früher, doch gebe es immer wieder Werkstattgruppen wie „Dead Chicken“ oder „Archimedes“, die innovative Möbel schüfen.

Allein vom Möbelverkauf kann die Schlosserwerkstatt finanziell nicht existieren. Die Konstruktion von Wintergärten oder Theaterkulissen gehört ebenfalls zum Alltag. „Man hat nicht immer das Glück, jemanden zu kennen, der sich einen Schrank für 18.000 Mark anfertigen läßt“, sagt Kurt Woischnig. Obwohl Stahlmöbel noch immer sehr gefragt sind, wechseln auch hier die Trends schnell. „Geflextes ist schon wieder out“, erklärt Dietmar Zawada, ein Grafiker, der ebenfalls in der Werkstatt arbeitet. „Momentan ist Farbiges total in.“ Jeder Künstler bevorzugt zudem seine eigene Art der Metallverarbeitung. „Wenn das Metall vorher geflext wird und nachher gebrannt, zieht die Hitze richtig ins Material ein und es entstehen Regenbogenfarben, die wunderschöne Kontraste bieten“, erläutert der gelernte Hufschmied Woischnig. Obwohl jeder der drei Künstler andere Schwerpunkte setzt, stimmen alle mit Dietmar Zawada überein, der meint: „Ein Möbelstück soll ein Kunstobjekt sein, denn Sitzen kann man schließlich auch auf einer Fensterbank.“ Hella Kloss

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