Unerschwingliches Studium

Weil die Gelder fehlen, soll bereits im Frühjahr über Studiengebühren entschieden werden. Eine Abiturreform soll Zugang zur Uni erschweren  ■ Aus Bonn Holger Kulick

Widersprüchliches zur Studiengebühr. Auf einer Pressekonferenz sprach der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Professor Hans-Uwe Erichsen, gestern zunächst von „einer Vielzahl von Fehlmeldungen“: die HRK habe „nicht die Absicht gehabt, die Einführung von Studiengebühren zu beschließen“. Zugleich bestätigte er aber, daß es darüber „heftige und kontroverse Diskussionen“ gab und ein Beschluß schon auf dem nächsten Plenum der 240 deutschen Hochschulrektoren zu erwarten sei. Das wäre im Februar oder spätestens im Juni 1996 in Bonn.

Erichsen bestätigte die Existenz eines internen Finanzpapiers, daß als Diskussionsgrundlage vorschlug, 1.000 Mark Studienühr pro Semester zu erheben, um das Finanzloch der Hochschulen zu stopfen. Sechs bis neun Milliarden Mark fehlten, rechne man die Investitionsmittel dazu. Die 1.000 Mark Studiengebühr hätte man anhand anderer europäischer Vergleichszahlen „definiert“, „es könnten genauso 500 sein“. Es handele sich nur um „Spielmaterial“. Die Studiengebühr sei allerdings nur eine „allerletzte Möglichkeit“, um für neue Finanzen zu sorgen – ein „Notruf“ sozusagen an die Regierenden.

Die jahrelange „eklatante Unterfinanzierung“ sei nicht mehr tragbar. Wenn es möglich sei, den Kohlepfennig mühelos durch sieben Milliarden Mark Subventionen zu ersetzen, dann könne man die „Sonntagsreden“ der Politiker nicht länger hinnehmen, die die Bildung groß als Zukunftsaufgabe für dieses Land herausstellten, aber nichts dafür täten. Die Politiker sollten sich hüten, die Studiengebühr zu kritisieren, solange sie, taten- und ideenlos, keine Finanzverantwortung zeigten.

Ablehnend äußerten sich die Hochschulrektoren zur Bafög- Novelle der Bundesregierung, wonach der 50prozentige Darlehensanteil beim Bafög künftig als privates Bankdarlehen zu verzinsen wäre. Wegen der „absehbar hohen Verschuldung“ würde das viele „zum Studium befähigte“ von der Uni fernhalten.

Die Hochschulrektoren regen an, gemeinsam mit Bund, Ländern, Sozialpartnern und Studenten Vorschläge zu einer „grundlegenden Neuregelung“ des Bafög zu entwickeln. Zur Hochschulfinanzierung schweben den Rektoren inzwischen auch Leasing-, Mietkauf- und Sponsoring-Modelle mit privatem Kapital vor, um den „Investitionsstau“ zu verringern. Angesichts der „großen Erbschaftswelle“ in Deutschland rege man auch ein neues Stiftungsrecht an, damit die Hochschulen wenigstens auf den finanziellen Beistand von Toten hoffen können.

Mangels Finanzen könnten es sich die Hochschulen auch nicht mehr leisten, „durch Brückenkurse oder ähnliche Reparaturmaßnahmen“ die „Studierfähigkeit“ von Abiturienten herzustellen. Die HRK fordert deshalb erneut, Fächer wie Deutsch, Mathematik, Geschichte, eine Fremdsprache und eine Naturwissenschaft wieder als Kernfächer bis zum Abitur vorzuschreiben. Würden die Kultusminister dem weiterhin nicht folgen, sei man auch zur „schlechtesten aller Möglichkeiten bereit“, so Professor Erichsen, nämlich Eingangsprüfungen einzuführen. Ein anderes Modell könnte das „Abitur-Plus“ sein: zugelassen zum Studium wird nur, wer sich während der Schulzeit schon mit seinen Fächerkombinationen auf sein Wunschstudium hin orientiert hat.