: Wie hohl ist der „Bumskopf“?
■ Sag mir, was im Brötchen ist: Hamburger Verbraucher-Zentrale fordert genauere Einsicht in Bäckers Backmischung Von Polly Schmincke
Unser täglich Brot soll lecker sein – aber wollen wir auch die Inhaltsstoffe wissen? Calciumorthophosphat oder Guarkamehl oder stinkgewöhnlicher Roggen? Wer es in Hamburg wissen will, erfährt es auf jeden Fall selten: Nach dem Saarland hat die Elbmetropole bei der Auskunftsbereitschaft am zweitschlechtesten abgeschnitten, fand eine Umfrage der Verbraucherzentrale heraus. „Bumskopf“, „Tigerbaby“ oder „Grüner Roland“ heißen die teigigen Objekte der Begierde. Da jedoch bekanntlich nicht immer das drin ist, was drauf steht, müssen KäuferInnen von unverpacktem Brot nachfragen, wenn sie wissen wollen, was sie essen. In jeder zweiten Bäckerei gab es auf Anfrage keine genauen Angaben zu Brotinhalten und Verwendung von Backmitteln, heißt es in der Untersuchung – fatal für empfindliche VerbraucherInnen, die zum Beispiel auf Sojamehl allergisch reagieren.
Die meisten Verbraucher interessiere doch gar nicht, aus was ihr täglich Brot eigentlich bestehe, winken die Vertreter der Bäckerinnung ab. Die kernigen Namen der Brote hätten einen hohen Wiedererkennungswert, und „wer kommt denn schon und will ein Roggenmischbrot?“ Genau das wäre aber eine korrekte „Verkehrsbezeichnung“, beharren die Verbraucher-Schützer. Peter Becker von der Hamburger Bäckerinnung – „ich bin wirklich jeden Tag eine Weile in meinem Betrieb“ – meinte aus eigener Erfahrung sagen zu können, daß kaum Leute nachfragten.
In Hamburg verweigerten 28 Prozent der Befragten jede Auskunft – bundesweit nur fünf Prozent. Mehr als jede zehnte Verkäuferin – selten die Bäcker selbst – wußte nicht, ob in ihrer Bäckerei Jodsalz und Sauerteig verwendet werden oder ob der Bäckermeister fertige Backmischungen und – meist volumenvergößerndes – Backmittel einsetzt.
Dagegen, daß fast die Hälfte aller Brote Phantasienamen –„Torffahrer“ oder „Zwergenbrot“ – oder Regionalbezeichnungen haben, wendet sich auch die Verbraucher-Zentrale nicht. Aber sie fordert, daß an den Regalen zusätzliche Information über Anteile der Mehlsorten, Verwendung von Sauerteig oder Zusätze darunter stehen. Zumindest mit den in den Leitsätzen der Innung festgelegten „Verkehrsbezeichnungen“ müßten die Namen ergänzt werden.
Ein Weizen-Roggen-Mischbrot kann also durchaus in Wahrheit ein Roggen-Vollkornbrot, Weizenmischbrot oder ein Mehrkornbrot sein und umgekehrt. Und das, obwohl es die Leitsätze seit zwei Jahren gibt. Gezielter Brotkauf werde damit zur Glücksache, meinen die Verbraucher-Schützer. Dem Allergiker bleibt so das täglich Brot womöglich im Halse stecken.
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