Trost für Werder

■ Die Bundesliga in Abstiegsgefahr

Diese Bremer sind komische Leute. Erst kleben sie 15 Jahre lang an einem Trainer, der bei Bayern mutmaßlich keine Saison übersteht, dann schlucken sie ungerührt die obskursten Basleritäten und bestrafen den Spieler ausgerechnet, wenn er nun wirklich nichts dafür kann, und plötzlich fangen sie auch noch an, völlig freiwillig vom Abstieg zu reden.

„Wir stellen fest, daß wir uns zum ersten Mal seit 15 Jahren im Abstiegskampf befinden“, sagte Vizepräsident Klaus-Dieter Fischer nach der 0:2-Heimniederlage gegen Hansa Rostock, und es war schon göttlich anzusehen, wie dem neben ihm sitzenden Trainer Aad de Mos schier die Augen aus dem Kopf fielen. So hatte er die Sache noch nicht betrachtet.

Es ist kaum von der Hand zu weisen, daß bei den Bremern einiges im argen liegt. Basler hört nicht auf, seltsam abwanderungswillig zu grinsen, ein Spieler wie Borowka, der eigentlich froh sein sollte, wenn er überhaupt bei einem Bundesligaverein mittrainieren darf, beginnt lauthals zu meutern, und Manager Willi Lemke sitzt auf den Millionen wie ein zweiter Dagobert Duck. Andererseits besteht überhaupt kein Grund zur Panik. Zwar ist mit dem 1. FC Nürnberg 1969 schon mal ein Meister abgestiegen, aber der hatte auch Max Merkel als Trainer.

Die Bremer sind nur Vizemeister, doch das ganz knapp, und viel geändert hat sich seither nicht. Für Herzog kam mit Cardoso ein besserer Spieler, die Abwehr wurde durch Baiano verstärkt, auch wenn der bislang eher Bratwurst als Bratseth spielt, und die Stürmer treffen irgendwann auch mal wieder. Zu einem UEFA-Cup- Platz fehlen nur sechs Punkte, das sind zwar zwei mehr als zu einem Abstiegsplatz, aber es sollte sich langsam auch nach Bremen herumgesprochen haben, daß in den Zeiten der Dreipunkteregel erheblich mehr Bewegung in der Tabelle herrscht. Die Abstände sind größer, aber auch schneller zu überbrücken. Wird ein paar Mal gewonnen, bist du plötzlich oben, ein paar Niederlagen oder Unentschieden – ab geht's zum Tabellenende. Für die Trainer ist das nicht leicht, denn Fans – und Vizepräsidenten – neigen dazu, die Nerven zu verlieren. Entscheidend ist jedoch die Substanz der Mannschaft, und die sollte in Bremen, das hat das Spiel gegen Eindhoven gezeigt, für den Klassenerhalt allemal reichen.

Kompliziert wird die Lage allerdings dadurch, daß in dieser Saison die klaren Abstiegskandidaten früherer Jahre fehlen und selbst Teams wie Uerdingen, 1860 oder Düsseldorf ansprechenden Fußball spielen können. So gesehen trifft die Aussage von Klaus-Dieter Fischer eigentlich auf alle Mannschaften außer vielleicht Dortmund und Bayern zu. Auch das ein Trost für Werder. Matti