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„Mein Herz schlägt weiterhin links“

■ Der künftige Präsident Polens, Alexander Kwaśniewski, gibt sein Parteibuch zurück. Er setzt auf Neutralität und Ausgleich mit allen politischen Partnern

Warschau (taz) – Der siegreiche Präsidentschaftskandidat und Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Polens, Alexander Kwaśniewski, hielt ein Plastikkärtchen hoch: „Hiermit gebe ich meine Mitgliedskarte zurück.“ Die Mitglieder der Partei hatten am Samstag bereits in den Acht-Uhr- Nachrichten gehört, daß ihr Vorsitzender aus der SdRP austreten wolle. Kwaśniewski hatte diese für Polen sensationelle Nachricht exklusiv über die Frankfurter Rundschau verbreiten lassen. In der Vorstandssitzung der Partei trat Kwaśniewski gegen 11 Uhr ans Mikrofon und versuchte, den enttäuschten Wahlhelfern und ehemaligen Genossen seinen Abschied zu erklären: „Mein Austritt aus der Partei ist weder eine Flucht noch bedeutet sie einen Bruch mit der Linken. Mein Herz schlägt weiterhin links.“ Als künftiger Präsident Polens wolle er aber über den Parteien stehen und allen politischen Partnern unvoreingenommen begegnen. Zugleich warnte er vor Triumphalismus. Die Partei dürfe sich nach seinem Sieg auf keinen Fall der Selbstgewißheit hingeben, daß „wir jetzt mehr als jemals zuvor machen können“. Das Gegenteil sei der Fall: „Jeder unserer Schritte wird genau beobachtet: Ob die alten Praktiken wiederkehren, ob sich die Macht von der Gesellschaft zurückzieht und die alte Arroganz wiederauflebt. Nie wieder darf es dazu kommen, daß politische Gegner für ihre Überzeugung ins Gefängnis geworfen werden!“ Die Rede Kwaśniewskis stieß auf beklemmendes Schweigen. Erst nach einigen Schrecksekunden applaudierten die Anwesenden. Der Generalsekretär der SdRP, Jerzy Szmajdzinski, zerstreute Befürchtungen, die die Gegner Kwaśniewskis aufgebracht hatten: „Die Pressefreiheit bleibt erhalten, auch die Unabhängigkeit des Fernsehens, der Gerichte und der Nationalbank Polens.“ Ende Januar nächsten Jahres soll der neue Parteivorsitzende gewählt werden. Gabriele Lesser

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