In Sack und Asche

■ Markus Wolf, Ex-Spionagechef der DDR, war zu Gast bei den „Berliner Lektionen“

Berlin (taz) – „Die in der DDR gelebt und Verantwortung getragen haben, werden sich mit Schuld, Fehlern und Irrtümern auseinandersetzen müssen, haben aber keinen Grund, in Sack und Asche zu gehen, nur weil sie eine andere Biographie gelebt haben.“ Das sagte Markus Wolf, Ex-Spionagechef der DDR, gestern vormittag im Berliner Renaissance-Theater in seinem Vortrag „Väter und Söhne“ im Rahmen der „Berliner Lektionen“.

Die Veranstaltung der Berliner Festwochen und des Bertelsmann- Konzerns war im Vorfeld auf heftigen Protest gestoßen: Opferverbände, Bürgerrechtsgruppen und Schriftsteller wie zum Beispiel Jürgen Fuchs, Herta Müller oder Sarah Kirsch hatten den Auftritt Wolfs scharf kritisiert.

In seiner Eröffnungsrede ging Bertelsmann-Vorstand Manfred Lahnstein zwar kurz auf die Proteste ein, betonte aber, es gehe nicht, einen Gast auf öffentlichen Druck hin wieder auszuladen. „Die Berliner Lektionen sind keine politische Veranstaltung – und sie sind auch kein Tribunal“, sagte der Ex-Finanzminister.

Markus Wolf war eingeladen worden, von seiner Kindheit im Moskauer Exil zu berichten und von seinem Vater, dem jüdischen Arzt und Schriftsteller Friedrich Wolf, zu erzählen. Seine Rede bot dem Publikum wenig Anlaß zum Widerspruch, Wolf konnte einen ungestörten Vortrag halten. Eine kurze Diskussion um die Mitverantwortung des Ex-Spionagechefs für die Verbrechen des DDR-Regimes schloß sich an, Wolf jedoch wich jeder konkreten Frage weitschweifig aus. Zwischenrufe wie „einzigartige Heuchelei“ blieben unbeachtet, Fragen nach der Moral und dem Gewissen Wolfs unbeantwortet. Margot Weber