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Illegaler Verdienst für CDU-Parlamentarier

■ Gehag-Chef Simon betreibt als Abgeordneter verbotene Ämterhäufung. Finanzsenator leitet deshalb Verfahren ein

Das neue Abgeordnetenhaus hat seinen ersten Skandal. Der Abgeordnete Heinz-Viktor Simon (CDU) hat vorgestern bei der Konstituierung des Parlaments sein Mandat angenommen, will aber seinen Sessel als Vorstandsvorsitzender bei der Wohnungsbaugesellschaft Gehag nicht räumen. Dabei verbietet das Landesparteiengesetz in diesem Fall die Ämterhäufung, da das Land Berlin mit 75,18 Prozent der Aktien Mehrheitsgesellschafter ist. Hintergrund: Es besteht die Gefahr, daß der Abgeordnete seine Aufgabe nicht mehr wahrnimmt, die Regierung zu kontrollieren, da er gleichzeitig für sie arbeitet.

Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU), der für die Beteiligungen des Landes an Privatunternehmen zuständig ist, hat nun ein Verfahren eingeleitet. Gegenstand des Verfahrens ist auch, ob und wie sich das Land Berlin als Mehrheitsgesellschafter von seinem Vorstandschef trennen kann. Der Aufsichtsrat der Gehag wird sich ebenfalls mit der Angelegenheit beschäftigen, kündigte Finanzstaatssekretär und Gehag-Aufsichtsratsvorsitzender Werner Heubaum (SPD) an. Der neugewählte Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) läßt prüfen, ob auch er in der Frage in irgendeiner Form zuständig ist.

Für Simon selbst geht es um eine Menge Geld. Als Vorstandsvorsitzender kassiert er im Jahr 250.000 Mark, als Abgeordneter bekommt er 61.000 Mark Diäten. Gegenüber Journalisten sagte er, niemand könne erwarten, daß er seinen Beruf aufgebe, „um als Halbtagsparlamentarier zu arbeiten“. Vor dem Landgericht will der Abgeordnete beweisen, daß für ihn das Landesparteiengesetz nicht maßgeblich sei, sondern das höherrangige Bundesaktiengesetz. Dort aber gebe es keinen Passus, der ihm untersage, sowohl Vorstandsmitglied wie auch Abgeordneter sein zu können.

Von dem geänderten Paragraphen des Landeswahlgesetzes, der mit Beginn der neuen Legislaturperiode wirksam geworden ist, wären neben Simon zwei weitere Parlamentarier betroffen gewesen: CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky und SPD-Haushaltsexperte Jürgen Lüdtke. Landowsky nahm sein Mandat an und verzichtete deshalb schon lange vorher auf seinen Sitz im Vorstand der Berliner Bankgesellschaft. Lüdtke übt seinen Job als Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Weißensee weiter aus und ließ sich deshalb für die Wahl zum Abgeordnetenhaus gar nicht erst aufstellen.

Die Grünen haben Simon bereits in der Vergangenheit vorgeworfen, Gesetze zu brechen. Der Wahlkämpfer ließ nämlich seine CDU-Wahlkampfzeitung „Südender“ unter anderem von der Landesbank – einer Tochter der Bankgesellschaft – durch Anzeigen finanzieren. Der Chefredakteur des „Südenders“ bestätigte damals, daß Simon „entsprechende Kontakte“ zu Unternehmensvorständen nutze. Bei der Landesbank hieß es: „Simon steht dem Vorstand auf den Füßen.“ Dirk Wildt

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