: Der beste Schutz ist ein Hormonverbot
■ Viele Fragen über die Wirkungen der Masthilfen sind nicht beantwortbar
Berlin (taz) – Von den fünf in den USA zugelassenen Sexualhormonen zur Leistungssteigerung in der Tiermast werden drei von den Tieren selbst produziert. Sowohl die beiden weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron, die vor kurzem erst als Wirkstoffe in den Antibabypillen in Verruf gekommen sind, als auch der bekannteste männliche Gegenpart, das Testosteron, gehören zu den körpereigenen Substanzen. Die beiden synthetisch hergestellten Masthormone Trenbolon und Zeranol kommen dagegen in dieser Form im Körper nicht vor.
In den USA, aber auch in Großbritannien und Irland kommt die Hälfte des Rindfleisches aus der Ochsenmast. Durch die Kastration ihrer eigenen Hormonproduktion weitgehend beraubt, lohnt sich unter wirtschaftlichen Aspekten gerade bei diesen Tieren der Hormoneinsatz. Eine erhöhte tägliche Gewichtszunahme von bis zu 40 Prozent kann bei den kastrierten Ochsen erzielt werden. Trotz der Hormonbehandlung, so wird aus den Kreisen der Hormonbefürworter argumentiert, seien die Rückstände im Ochsenfleisch um das Vielfache geringer, als zum Beispiel bei Steaks aus hiesigen Bullenmastbetrieben. Selbst die Befürworter eines Hormonverbots tun sich schwer, eine gesundheitliche Gefährdung der Verbraucher durch die Sexualhormone tatsächlich nachzuweisen.
Im Einzelfall ist es auch so gut wie unmöglich, eine Erkrankung auf den Verzehr hormonbehandelter Tiere zurückzuführen. Ein Blick auf den Beipackzettel von Antibabypillen kann aber einen Hinweis geben, welche gesundheitlichen Folgen mit der Einnahme von Östrogen und Progesteron möglicherweise in Kauf genommen werden: Ein erhöhtes Risiko für Lungenembolien, Schlaganfall und Herzinfakt ist dort genauso aufgeführt wie die Gefahr von Brustkrebsentstehung. Auch wenn die mit der Pille zugeführten Konzentrationen weit über den Werten im Hormonfleisch liegen, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung kann den Mastdrogen nicht ausgestellt werden. Dazu ist bisher viel zuwenig bekannt, wie die Substanzen, einzeln oder in Kombination, auf das ausbalancierte Hormonsystem im Körper einwirken.
Was bleibt, ist das Restrisiko und eine Menge unbeantworteter Fragen. „Der vorbeugende Verbraucherschutz“, so Ernst Michael Epstein, von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV), lasse daher nur ein Verbot der Leistungssteigerer zu. wlf
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