: Plastikkarte führt viele US-Bürger ins Verderben
■ Hunderttausende leisten Offenbarungseid, weil die Schulden zu hoch sind
Washington (AFP) – Zehntausende von Privathaushalten stehen in den USA vor dem finanziellen Ruin: Angelockt durch günstige Einstiegsangebote von Kreditkartenunternehmen, verführt durch die Vorteile eines bargeldlosen Zahlungsverkehrs, haben sie ihre finanziellen Möglichkeiten solange überschätzt, bis sie aus der endlosen Spirale von Verschuldung, Zins und Zinseszins keinen Ausweg mehr finden. 220.000 US- Bürger haben nach Angaben der Gerichte allein im zweiten Quartal dieses Jahres den Offenbarungseid leisten müssen, zehn Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. Mit 195 Milliarden Dollar (umgerechnet rund 273 Milliarden Mark) steht die US-Bevölkerung inzwischen bei den Kreditkartenunternehmen in der Kreide, rund ein Fünftel mehr als noch vor einem Jahr.
Nach Informationen der Finanzberatungsgesellschaft Moody's Investors Service haben die US-Kreditkartenunternehmen im September 4,27 Prozent ihrer Forderungen abgeschrieben. „Diese Quote wird weiter steigen“, vermutet Moody's-Mitarbeiter Edward Bankole. „Es gibt keinerlei Anzeichen, daß die Kreditkartenumsätze zurückgehen, und die Finanzkraft der Haushalte wird tendenziell schwächer, da die Reallöhne in den letzten Jahren nicht mehr gestiegen sind.“ In welche Abhängigkeiten sie sich begeben, dürfte vielen Verbrauchern gar nicht richtig bewußt sein: In den ersten Monaten liegen die Soll-Zinsen vielfach nur bei sechs bis acht Prozent, bevor sie sprunghaft auf 18 oder mehr Prozent hochschnellen. „Mit solchen Lockvögel-Angeboten versuchen die Kartenfirmen, im harten Kampf um Kunden den letzten Rest des Marktes unter sich aufzuteilen“, sagt Bakole. Angesichts des Konkurrenzdrucks zähle die Unterschrift unter den Vertrag vielfach mehr als die Kreditwürdigkeit des neugewonnenen Kunden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen