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Nice Scheiß für den Gabentisch

Wer schon alles hat, der muß ihn haben: den Ableger. In Zeiten, da grünpflanzenfreie Wohnzimmer mit „ich weiß nicht, das wirkt da so tot“ abqualifiziert werden, ist tragbare Vegetation ohnehin ein wichtiges Geschenk. Aber Bäume kaufen ist doof, weil es einfach, einfallslos und lieblos wirkt. Freunde kauft man sich ja auch nicht, und Bäume sind Freunde.

Also: Wir nehmen eine Schere und schneiden unseren schlimmsten Chlorophyllmonstern die Ärmchen ab. Efeu, Knöterich, Pfennigbaum und Rankgewächse aller Art sind dafür gut geeignet. Wir stellen die amputierten Teile in ein Wasserglas und vergessen sie, je nach Sorte, einige Tage oder zwei Wochen. Nach kurzer Zeit sehen wir schon, wie sie ihre grünen Fühler nach der Weltherrschaft ausstrecken. Gemeine Tentakel wachsen ihnen überall heraus; hydragleich schiebt jedes abgeschnittene Ärmchen tausend neue Grünwedel in die erstaunte Umgebung. Dann wird es Zeit, die neue Kreatur in einen kleinen Topf umzupflanzen, in dem sie harmloser wirkt.

So wird sie zur adretten und kostenneutralen Weihnachtsgabe, wobei sie noch als „etwas Persönliches“ gilt, denn meist hat man selbst ja schon vor langer Zeit die Mutterpflanze aus einem Ableger gezogen. Außerdem dürfen sich Schenker und Beschenkter als wertorientierte Traditionsmenschen fühlen. So trägt der ideelle Mehrwert des Ablegers auch zur Sinnstiftung bei. Susanne Fischer

Foto: Blumenbüro

Bezugsquellen: Fensterbänke, Nachbargärten, Großtanten Friedhöfe.

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