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Händler und Sklaven

Die Geschichte von Cape Coast Castle beginnt 1650, als ein Pole namens Henry Caerlof im Dienste Schwedens dem örtlichen König von Fetu das entsprechende Grundstück abkaufte. Das Land war unter Europäern damals als „Cabo Corço“ bekannt, „kurzes Kap“, und der heutige Name „Cape Coast“ beruht auf einem englischen Mißverständnis. Der König von Fetu, ein guter Geschäftsmann, hatte ein Jahr vorher dasselbe Land schon an einen anderen Europäer für 64 britische Pfund veräußert, aber das kümmerte Caerlof nicht, der seine Herren genauso leichtfertig wechselte: 1663 eroberte er das neuerbaute schwedische Fort „Carolusburg“ für die Holländische Westindien-Gesellschaft. Die verlor das Fort sofort wieder an die Engländer, und von 1665 an war Cape Coast Castle britisch.

Für die Briten war das Fort vor allem aus einem Grund wichtig: Es liegt in Sichtweite von St. George's Castle in Elmina. Und Elmina gehörte den Holländern.

In Elmina war 1482 mit dem portugiesischen Fort São Jorge, aus dem später „St. George's Castle“ wurde, der erste europäische Bau in Afrika entstanden. Die Portugiesen kauften den einheimischen Königen Gold ab, und sie bezahlten mit Sklaven aus Angola und dem heutigen Benin und Nigeria. So wurde die Region um Elmina unter europäischen Händlern als „Goldküste“ bekannt, während die Küste des heutigen Benin „Sklavenküste“ hieß.

Der Sklavenhandel begann also hier damit, daß Europäer Afrikanern Sklaven verkauften. Die bekanntere Praxis – Europäer kaufen oder rauben Afrikaner und verschiffen sie nach Amerika – begann erst im Laufe des 17. Jahrhunderts und erreichte ihren Höhepunkt um 1750. Der Sklavenhandel kostete Millionen Afrikaner das Leben. Erst im 19. Jahrhundert wurde er verboten.

Die Portugiesen hatten Elmina 1637 an die Holländer verloren. Zweihundert Jahre lang bestimmte danach die englisch-holländische Rivalität die Geschichte der Goldküste. 1868 verkauften die Holländer Elmina schließlich an die Briten – ohne die örtliche Bevölkerung zu informieren. Die nahm die Waffen auf gegen die vermeintlichen britischen Invasoren und wurde vernichtend geschlagen; die alte Stadt Elmina ging in Flammen auf.

Die zweihundertjährige Geschichte britisch-holländischen Streits wirkt bis heute nach – im ghanaischen Mehrparteiensystem. In und um Elmina wetteifern an Häuserwänden und Fahnenstangen die Insignien der Regierungspartei NDC (Nationaldemokratischer Kongreß) und der Oppositionspartei NPP (Neue Patriotische Partei). Die NDC trägt die Farbkombination rot-weiß-grün-schwarz, was einer örtlichen Verballhornung der britischen Flagge entstammt. Die blau- weiß-rot gestreifte Fahne der NPP ist exakt die Nationalfahne der Niederlande. Zur Zeit überwiegen die Fahnen der NPP.

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