piwik no script img

Verhaltene Glut, live

■ Heute im Moments: Texas Blues und Southern Soul von Trudy Lynn

Sängerinnen, die mit einer etwas rauheren Rhythm'n'Blues-Variante und mächtiger Stimme den Konzertsaal zum Kochen bringen, sind rar geworden. Während sich Soul-Ladies der 70er wie Tina Turner, Patti Labelle oder Millie Jackson in den Pop-Mainstream oder weichgespülte Softsoul-Gefilde verabschiedet haben, pflegt die aus Houston, Texas, stammende Trudy Lynn genau diese Tradition, die gerne als „erdig“ beschrieben wird. Sie röhrt, schreit, lamentiert mit kehliger Stimme über – wie sollte es anders sein – das nie endende Spiel der Geschlechter mit all seinen Hoffnungen und Enttäuschungen, Lust und Leiden. Mit ihrem emotionsgeladenen Gesang frischt sie auch bekanntere Bluesstandards wieder auf. Dabei ist ihr Rhythm'n'Blues nichts Neues, aber aus der vorherrschenden synthetisierten Gleichförmigkeit im aktuellen Soul ragt ihre rauhe und mit treibenden Rhythmen forcierte Variante ziemlich einsam hervor. Das ist zur Zeit nicht gerade angesagt und hebt sich wohltuend von gängigen Muzak-Sounds ab.

So war auch der Ruf Trudy Lynns lange Zeit regional auf Texas begrenzt, in den letzten Jahren wurde ihr aber zunehmend überregionale Aufmerksamkeit zuteil. Sie selbst siedelt ihre Musik zwischen den Traditionspolen ihrer beiden wichtigsten Einflüsse Big Mama Thornton und Little Esther Phillips an. Dabei spiegelt sich in ihrem Gesang eher die „Shouter“-Tradition Big Mama Thorntons wider, in den Balladen blitzt aber auch manchmal die verhaltene Glut Little Esthers auf. Diese Mischung aus ruppigerem Texas-Blues und kantigem Southern Soul kann besonders live überzeugen. Nicht umsonst wird die Sängerin gerade für ihre Shows gerühmt. Wer Bluesfrauen wie Koko Taylor oder Marva Wright mag, wird Trudy Lynn lieben. Check it out!

farina

Heute um 20 Uhr im Moments

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen