: Entspannt zur Arbeit
■ Pilotstudie: S-Bahn-Fahren dem Autofahren gesundheitlich überlegen
Berlin (taz) – S-Bahn-Fahren verursacht deutlich weniger Streß als die Benutzung des eigenen Autos. Das belegt die jetzt abgeschlossene Pilotstudie der Berliner S-Bahn. Blutdruck und Pulsfrequenz sind bei den Zugreisenden deutlich niedriger. Selbst bei notorischen Autofahrern, die mit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht vertraut sind, war der Stress im Zug geringer. Nur zwei Autofahrer wurden durch die S-Bahn-Fahrten stärker belastet. Sie hatten auf ihrem Weg zum Arbeitsplatz die kilometerlang schnurgerade Stadtautobahn Berlin-Potsdam benutzt.
22 Freiwillige hatten sich in den letzten Wochen vollverkabelt in die Berliner Verkehrsströme begeben, je einen Tag mit der S-Bahn und einen am Steuer eines PKW. Ein Begleiter hatte besondere Vorkommnisse wie Stau, Vollbremsung oder lärmende Kinderscharen in den Zügen protokolliert. Bei den jeweiligen Mittelwerten wurde eine nur leicht höhere Belastung der Autofahrer gemessen. „Gerade die kurzfristigen Spitzenwerte stellen aber die eigentliche Belastung dar“, betonte Professor Klaus-Ludwig Schulte, Herzspezialist an der Berliner Charité und Leiter des Versuchs. Der Blutdruck der Autofahrer stieg in Extremsituation auf bis zu 200. Normal ist ein Tagesdurchschnitt von 135. Die Herzfrequenz eines Fahrers stieg nach einer Vollbremsung von 76 auf 150 pro Minute. Diese Werte wurden bei den S-Bahn-Fahrten auch in vollen Zügen oder beim hektischen Umsteigen nicht annähernd erreicht.
Auffällige Mehrbelastungen gab es bei den Zuggästen nur auf dem Fußweg zum Bahnhof. „Die überduchschnittliche Belastung beim Treppensteigen zeugt aber auch von der Untrainiertheit der Autofahrer“, meint Schulte. Die nowendige Bewegung sei ein zusätzlicher Gesundheitsaspekt. Wegen der geringen Repräsentativität seiner Probanden regte Schulte eine größere Untersuchung an, die auch weitere Streßfaktoren berücksichtigen könnte. Die Finanzierung einer solchen Studie wäre aber Aufgabe des Bundesverkehrsministeriums. Gereon Asmuth
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