: Vorschlag
■ Fünf Kurzfilme statt einem Langen im Martin-Gropius-Bau
Die abgebrannte Hausfrau Johanna Schuricke brettert im Mercedes eines türkischen Teppichhändlers über die Landstraße und drängt dabei einen vollbesetzten FC-Bayern-Fanbus in den Graben. Kein Werbespot von Werder Bremen, kein Schmankerl aus dem 7.-Sinn-Archiv, sondern der erste Kurzfilm des Berliner Radiomoderators Nils Willbrandt. In „Ohne Hose“ zeigt er schonungslos, wozu Menschen fähig sind, wenn erst einmal der Magnetstreifen auf ihrer EC-Karte ramponiert ist. Marianne Sägebrecht spielt die Hauptrolle. Daß die Low-budget-Produktion nun im Breitwandformat läuft, macht ihre Fuchtelei mit dem Gurkenmesser vollends zum schaurigen Naturschauspiel.
Der nüchternen Trinker-Weisheit, daß fünf Kurze besser als ein Langer sind, fühlt sich auch die Schauspielerin Andrea Katzenberger verpflichtet. „Stille Wasser“ hat sie ihren ersten Film genannt und meint damit tatsächlich den stinkenden Teltow-Kanal, der im Süden der Stadt herumsuppt. Allenfalls ein Ort, an dem Steglitzer Familienväter gegen ihre Midlife-crisis anjoggen oder Kurzfilme über dichtende Berufskiller gedreht werden.
Vom Kurz- zum Kompressionsfilm ist der Weg nicht weit: In „Der Taucher“ von Matthias Drawe („Der König von Kreuzberg“) kauft sich der 31jährige Ralf eine Taucherausrüstung, steigt damit in einen öffentlichen Brunnen und kämpft anschließend mit den Tücken der Sauerstoffversorgung. Das Ganze in zwei Minuten, und trotzdem ist noch nicht alles erzählt. Schön, daß nach Drawes Ultra-Kurz-Film noch etwas Besinnliches kommt: In „Herr Stühlinger sucht eine Frau“ von Matthias Keilich flieht ein frustrierter Standesbeamter vor der Dauerknutscherei in seinem Büro und irrt auf der Suche nach dem eigenen Glück ausgerechnet Unter den Linden entlang. Klar, daß er das bessere Leben dort nicht findet und Matthias Keilich ein eingeschworener Fan von Hal Hartney ist. Oliver Gehrs
„5 Kurze ... besser als ein Langer!“, heute, 23 Uhr, Martin- Gropius-Bau, Stresemannstraße 110, Kreuzberg
Marianne mit Machete in „Ohne Hose“ Foto: Verleih
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen