Press-Schlag
: Fußball minus Fußball

■ „fuxx 95“ bei Sat.1: Versuch, Fußball als Familienshow zu verkaufen

Fußball, wer wüßte es nicht, ist Leben im 90-Minuten-Takt. Aber schon halt auch ein bißchen Drama und Komödie. Glaubt Reinhold Beckmann. Na, was heißt: glaubt? Der „Programmdirektor Sat.1 Sport“ macht ja kein Geheimnis darum, daß er seinem Publikum gegebenenfalls gerne auch die allerletzte Meldung noch „zu verkaufen“ gedenkt.

Aber bitte: Hat nicht auch DFB-Präsident Egidius Braun gemeint, mitgekriegt zu haben, daß „die Zeit reif“ sei, mit dem Fußball, der ja „beste Unterhaltung“ (Braun) ist, neue Wege zu gehen? So hat man in der Frankfurter Festhalle am Sonntag abend „fuxx 95“ inszeniert, zur vollen Stunde und live gesendet; noch eine Sportler-Wahl, und bereits mit der, ähem, Namenswahl Signale gesetzt.

Der Sieger im taz-Wettbewerb „Aff 2000“ Foto: Keystone/Voller Ernst

Die Show, meint Gerhard Mayer-Vorfelder, der DFB-Vizepräsident, sei nach der Übernahme der Liga durch den Sender 1992 „folgerichtig“ gewesen. So hatte der DFB seinen Vereinen Anwesenheitspflicht diktiert. „Wir müssen dahin, also gehen wir dahin“, sagte Volker Finke, der Freiburger Trainer. Doch seine Jungs, wie die meisten Vereine, waren offenbar einzig dazu da, die grauslig halbleere Festhalle für den rasanten Zwischen-Publikumsschwenk der Kamera ein bißchen voller aussehen zu lassen.

Was will der Sender? „Die Ufa verhandelt schon wieder mit dem DFB“, krähte Beckmann einmal forsch mit inquisitorischem Blick auf Gespräche im Saal, „das ist unlauterer Wettbewerb.“ Also: zeigen, wer der Herr im Stadion ist. Merke: „All die großen Figuren der deutschen Unterhaltung sind da.“ Bei Sat.1. Glaubt Beckmann, und zählt sich selbstredend und allzu gerne auch ein paar Fußballer dazu. Beides irrtümlich. Der Weg zur Prime- time-Familienunterhaltung, zur Etablierung der Kicker-Protagonisten im Show-Bereich ist hart.

Fußball als Unterhaltung ist ja nichts Neues, relativ neu ist nur, daß es relativ ohne Fußball funktionieren soll. Der Kicker als Charakter ohne lahmes Tagesgeschäft-Geschwätz: Basler könnte Else Kling geben, Klinsmann Lady Di, Vogts Koschwitz, Egidius Braun den Knorr- Opa. Aber: Jene, die die Schau im Stadion und bisweilen unfreiwillig in den ran-Studios machen, garantieren noch lange nicht eine Show wie – dieses Wort mußte fallen – „die Oscar- Verleihung“ (Beckmann). Insbesondere nicht, wenn sie die Schnauze voll haben und in den Urlaub wollen. Ein Wort zur Konkurrenz, Ottmar Hitzfeld? „Alle fünf hätten's verdient.“ Wie ist dein Mathelehrer, Lars Ricken?! „Ja, gut.“ Fußball minus Fußball ist nichts! Dabei ist es eigentlich doch so, wie Ciriaco Sforza vermutet: „Wenn man sieht, was heute auf der Welt los ist, kann man ein bißchen Spaß brauchen.“ Während vereinzelte Talente wie der junge Scholl sich Mühe geben und noch gebraucht werden, ist der Großteil unwillig oder untauglich. Und Fossilien wie der ehrbare Lauterer Präsident Norbert Thines wirken sogar deplaziert und müssen schnell wieder rausgewunken werden.

„Laßt mich nicht hängen“, hatte Beckmann den verstreuten Zusehern in der Halle vor der Übertragung zugerufen, „wenn ich rauskomme, muß es krachen!“ Krachen. Komödie. Krachen. Drama. Krachen. Rama. Ein „rauschendes Fest“ (Beckmann), das aber dann doch weniger sehen wollten als, zum Beispiel, die Knoff-Hoff- Show. 5,25 Millionen, das reicht nur zu Tagesplatz fünf, knapp vor Hitler. Hat es wenigstens gekracht, Jens Todt? „Kein Kommentar.“ Peter Unfried