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■ Die Streikenden entscheiden heute über Juppés ZukunftSchicksalstag für den Intelligentesten

Er sei der Intelligenteste seiner Generation, heißt es im Pariser Establishment über Alain Juppé. Seine Karriere verlief bilderbuchmäßig von der Eliteschule über hohe staatliche Verwaltungen und das Außenministerium bis an die Spitze der Regierung. Vor einigen Monaten wurde der 50jährige sogar als französischer Präsident gehandelt, der das Land am Anfang des nächsten Jahrtausend führen soll.

Er sei technokratisch, arrogant und herzlos, heißt es auf Frankreichs Straßen und bei den Streikwachen über Alain Juppé. In den vergangenen drei Wochen ist er dort der Inbegriff des verhaßten Pariser Politikers geworden, der sich in Salons bewegt und keine Ahnung vom wirklichen Leben hat, der seine Politik mit der Börse abstimmt und nicht die Sprache der Franzosen spricht.

Beinahe drei Wochen lang versuchte der französische Premier, dem Druck von Gewerkschaften und Opposition zu widerstehen. Er verhandelte nicht und machte schon gar kein Zugeständnis. Er nahm das Wort Verhandlungen nicht einmal in den Mund. Den Sparplan für die Sozialversicherung bezeichnete er als seine Raison d'être als Premierminister und verkündete siegesgewiß lächelnd, daß seine Regierung gehen müsse, wenn zwei Millionen Menschen auf der Straße seien.

Am Sonntag schließlich knickte Juppé ein. Plötzlich soll alles nur ein „Mißverständnis“ gewesen sein – die Renten, der öffentliche Dienst, die Eisenbahnsanierung. Plötzlich ist von Gesprächen die Rede und von Sozialpartnern. Doch von der entscheidenden Sozialversicherungsreform rückte der Premierminister kein Jota ab. Im Gegenteil: Er suspendierte sogar die Debatte über deren Realisierung im französischen Parlament.

Jetzt liegt die Zukunft Juppés im wahrsten Sinnne des Wortes auf der Straße, in den Händen der Streikenden. Wenn die heutigen Demonstrationszüge groß genug sind und wenn die Gewerkschaften bei ihrer einheitlichen Forderung nach einem Rückzug des Juppé-Plans bleiben, ist der Intelligenteste seiner Generation nicht mehr zu halten. Präsident Jacques Chirac müßte sich nach einem anderen Premierminister umschauen, nach einem weniger intelligenten. Dorothea Hahn, Paris

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