Schwache Leistungen für Asylsuchende

■ SPD-Länder wollen Asylbewerberleistungsgesetz im Bundesrat ablehnen

Hannover (taz) — Die SPD-regierten Länder wollen dem umstrittenen Asylbewerberleistungsgesetz im Bundesrat zunächst nicht zustimmen. Dies kündigte Niedersachsens Innenminister Gerhard Glogowski an, der jetzt die Funktion des Koordinators und Sprechers der sozialdemokratischen Länderinnenmister übernommen hat. „Eine unbefristete Reduzierung der Unterhaltsleistungen für Asylbewerber wollen wir nicht, und deswegen werden wir die Gesetzesnovelle im Bundesrat ablehnen“, sagte der dienstälteste SPD- Innenminister gegenüber der taz. Glogowski betonte allerdings, daß die SPD-regierten Länder in dem der Ablehnung folgenden Vermittlungsverfahren zu einem Kompromiß mit dem Bonner Regierungslager kommen wollten.

Nach dem bisher gültigen Asylberwerberleistungsgesetz erhalten Asylsuchende im ersten Jahr ihres Anerkennungsverfahrens Unterhaltsleistungen in Höhe von 80 Prozent des Sozialhilfesatzes. Sie müssen somit ein Jahr lang unterhalb des Mindesstandards für Deutsche leben. Durch das vom Bundestag bereits verabschiedete neue Asylbewerberleistungsgesetz will die Bonner Koalition nun die Leistungen für Asylsuchende unbefristet reduzieren. Während des gesamten Anerkennungsverfahrens sollen sie nur noch Sachleistungen im Wert von 80 Prozent des Sozialhilfesatzes erhalten. Gerhard Glogowski lehnt es zwar ab, daß die Reduzierung unbefristet gelten soll, will allerdings den Bonner Gesetzesvorschlag gleichzeitig verschärfen: er tritt „für eine Gleichbehandlung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern ein.“ Auch die Bürgerkriegsflüchtlinge sollten nur reduzierte Unterhaltsleistungen erhalten, sagte Glogowski am Dienstag. Bei beiden Gruppen sei an eine auf zwei Jahre befristete Reduzierung zu denken. Für diesen Kompromißvorschlag wolle er im Vermittlungsverfahren eintreten. Der Bundesgesundheitsminister hatte auf Druck der FDP die Senkung der Leistungen auch für Bürgerkriegsflüchtlinge aus seinem Gesetzentwurf wieder gestrichen. Gegen das neue Asylbewerberleistungsgesetz und gegen eine Schlechterstellung der Bürgerkriegsflüchtlinge wandte sich am Montag in Erfurt einstimmig die Konferenz der ausländerpolitischen Sprecherinnen der SPD- Fraktionen im Europaparlament, im Bundes- und in den Landtagen.

Auf der am Freitag in Erfurt beginnden Innenministerkonferenz will Gerhard Glogowski außerdem für eine stufenweise Rückführung bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge eintreten. Falls die Flüchtlinge sofort zurückkehren müßten, werde dies unlösbareSchwierigkeiten bei der Friedenssicherung hervorrufen, so Glogowski in Hannover. Jürgen Voges