: Wer Verkehr erzeugt, soll zahlen
■ Der verkehrspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen unterstützt die Forderung Pieroths nach Parkplatzsteuer
taz: Finanzsenator Elmar Pieroth schlägt eine Parkplatzsteuer vor, die jeder Autobesitzer zahlen muß. Ist das ein sinnvoller Weg?
Michael Cramer: Sinnvoll und ein überraschender Vorschlag, weil derselbe Senator Pieroth gemeinsam mit Bausenator Wolfgang Nagel vor zwei Jahren die Stellplatzpflicht ersatzlos gestrichen hat. Damit hat Elmar Pieroth nicht nur dem Konzern Daimler- Benz 300 Millionen Mark geschenkt, sondern auch auf Einnahmen in Höhe von etwa 25 Millionen Mark jährlich verzichtet.
Wir hatten auch die Pflicht zum Bau von Stellplätzen kritisiert, weil damit derjenige bestraft wird, der vernünftig ist und keine Parkplätze bauen will. Wir haben uns aber dagegen gewehrt, daß diese Pflicht ersatzlos abgeschafft wird.
Wenn jemand lernt, ist das doch gut.
Ja. Deshalb unterstützen wir auch die Richtung. Der Autoverkehr ist in der Stadt zu billig, weil er achtfach so hoch wie die BVG subventioniert wird. Nachdem in der Vergangenheit der Autoverkehr von allen Sparmaßnahmen ausgenommen wurde, ist der Weg richtig, der von Senator Pieroth eingeschlagen wird.
Ist das jetzt lehrreich für die Bevölkerung, daß es keinen Verkehr mehr zum Nulltarif geben kann, oder werden damit die Falschen geschröpft?
In den drei Parkraumzonen wurde beispielsweise die jährliche Parkgebühr für die Anwohner mit 20 Mark angesetzt. Das ist weniger, als in der Provinz verlangt wird. Andere Städte nehmen die auch von Gerichten als zulässig erachtete Gebühr von 60 Mark pro Jahr. Das müßte Berlin mindestens verlangen. Dadurch käme eine ganze Menge in die Kasse. Wenn wir eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung hätten für das gesamte Gebiet des inneren S-Bahn- Rings und der bezirklichen Zentren, kämen mindestens 200 Millionen Mark zusätzlich in die Landeskasse.
Pieroth kommt mit neuen Vorschlägen, anstatt die Parkraumzonen so zu betreiben, daß dort mehr als die bisher geringen Einnahmen herauskommt.
Wir müssen drei Ziele erreichen: die Mobilität sichern, den Autoverkehr reduzieren und den Landeshaushalt entlasten. Deshalb plädieren wir dafür, als erste Maßnahme das Parkraumbewirtschaftungsgebiet auszudehnen. Das fordern auch die angrenzenden Wohnbereiche, weil dann der Parkdruck auf ihr Gebiet entfällt. Dann muß für die Anwohner die Parkgebühr erhöht werden. Drittens: Wer Verkehr erzeugt, soll dafür bezahlen. Das machen London und Paris in Form von Infrastrukturabgaben. Nur CDU und SPD wollten dies als Ersatz für die Stellplatzpflicht nicht akzeptieren.
Die von den Grünen beantragte Infrastrukturabgabe ist vom Parlament 1993 abgelehnt worden.
Eine solche Abgabe träfe Investoren beim Neubau von Gebäuden. Man könnte sie aber auch ausdehnen auf den Bestand. Das KaDeWe erzeugt beispielsweise massenhaft Verkehr. Die öffentliche Hand hat dem Kaufhaus einen U-Bahnhof vor die Tür gesetzt, so daß sich das KaDeWe um die Verkehrsprobleme nicht zu kümmern braucht. Man könnte beispielsweise eine Verkehrsinfrastrukturabgabe an die Zahl der Besucher und Beschäftigten koppeln. Interview: Gerd Nowakowski
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