Lehrer allein gelassen

■ GEW zur „vollen Halbtagsgrundschule“

Etwas Lob, viel Kritik. Gestern äußerte sich die GEW detailliert zur geplanten „vollen Halbtagsgrundschule“ in Hamburg. Fazit von GEW-Chef de Lorent: Die Reform sei gut, aber nicht, wie der Senat es plant, zum Nulltarif zu haben.

Wie berichtet, sollen erste und zweite Klassen ab Herbst vier und drei Stunden mehr Unterricht bekommen. In den folgenden vier Jahren soll regionenweise die „volle Halbtagsschule“ folgen, die Eltern garantiert, daß ihre Kinder bis 13 Uhr in der Schule sind.

Die Berichte der Medien seien „irreführend“ gewesen, kritisierte die Osdorfer Schulleiterin Brigitte Weicksel. So würden viele Eltern denken, die volle Halbtagsschule beginne schon diesen Herbst. Sie befürchtet Beschwerden der Eltern, weil es künftig eher mehr als weniger Stundenausfall gebe. Denn der erste Schritt der Reform werde nur durch Lehrermehrarbeit finanziert. Mehr Pflichtstunden bedeuteten mehr Krankheitsausfall, der vertreten werden muß.

Die Hauptkritik der GEW bezieht sich auf die Räumlichkeiten. Wenn Klassen mit 26 bis 28 Schülern fünf Stunden zusammen sind, brauchen sie einen zweiten Raum, sagte Weicksel. Darüber würde aber nur die Hälfte aller Klassen verfügen. Nahezu lächerlich sei die zusätzliche Ausstattung für Verbrauchsmaterial, kritisierte die Grundschul-Personalrätin Jutta Wessels. Vorgesehen seien 75 Pfennig pro Monat und Kind.

Die Personalrätin bedauerte auch, daß es künftig nur noch vier Teilungsstunden in der Woche gebe. Nötig seien mindestens zwei Stunden am Tag, an denen zwei Pädagogen anwesend sind. Auch die Klassen müßten kleiner werden; angesichts steigender Schülerzahlen ginge die tatsächliche Klassengröße oft in Richtung 30.

Als „positiv“ werteten die GEW-Lehrerinnen die deutliche Veränderung der pädagogischen Arbeit, die es mit sich bringt, wenn Schüler künftig mehr Zeit zum Lernen haben. Doch bei der konkreten Umsetzung fühlten sich die Kollegen im Moment „sehr allein gelassen“, sagte die Osdorfer Rektorin. Nötig wäre eine schulinterne Lehrerfortbildung vor Ort. Außerdem soll die Schulsenatorin Foren veranstalten, um offene Fragen mit allen Beteiligten zu besprechen. kaj