: Wider das Provinztheater
■ Thomas Franke, Senator a.D. fordert den Intendanten des Bremer Theaters auf, sich nicht künstlerisch kastrieren zu lassen
Das Bremer Theater hat einen Etat von derzeit 41,2 Millionen Mark. Mit eigenen Einnahmen ist es an dieser Summe gerade mal mit 3,9 Millionen beteiligt. Da ist die Frage erlaubt, ob wir uns dieses Theater erlauben können. Die Frage spitzt sich zu, wenn wir wissen, daß die Auslastung beim Schauspiel 56 Prozent, beim Musiktheater 66 Prozent beträgt. Kann das Armenhaus Bremen sich so etwas noch leisten?
Bevor wir schnell heraus nein sagen, müssen wir einiges wissen. Die in der Tat schlechte Auslastung ist Heymes Erbe. Die Berufung von Pierwoß war eine risikoreiche Tat. Hinter ihm liegt keine Erfolgsstory als Intendant. Wer ihm ein Theater zum Hochpäppeln anvertraute, mußte ihm auch die Mittel dazu lassen. Das Gegenteil war der Fall. Pierwoß unterschrieb, wie abverlangt, in 5 Jahren 10 Millionen Mark einzusparen. Nun sollen ihm jährlich weitere 3,5 Millionen abgenommen werden.
84,3 Prozent des Theaterhaushalts sind Personalkosten. Der allergrößte Teil davon, nämlich ca. drei Viertel, geht für Tariflöhne weg. Gespart werden kann also am Ende nur bei den frei auszuhandelnden Soloverträgen, also bei den Künstlern. Die werden in Bremen inzwischen jämmerlich bezahlt. Der Ruf ist hin, die Gagen sind schlecht. Wie soll da einer das Theater nach oben reißen?
Im Quervergleich mit entsprechenden anderen Dreispartentheatern steht Bremen ganz unten. Natürlich gibt es noch ärmere Theater, deren Bedeutung hört aber an der Stadtgrenze auf. Für das Oberzentrum Bremen, das in Nordwestdeutschland dominant sein will, ist ein mieses Provinztheater rufschädigend. Wer Messe- und Einkaufszentrum sein will, darf nicht auf künstlerisches Reizklima verzichten. Pierwoß noch weiter zu kastrieren, wenn er es mit sich machen läßt, ist bremenschädlich. Lieber Klaus Pierwoß, wenn Sie noch einmal kapitulieren, ist das der künstlerische Selbstmord eines Intendanten.
Thomas Franke, Senator a.D.
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