piwik no script img

■ Nachgefragt„Über Solidarpakt nie mit Scherf gesprochen“

Obwohl sein Staatsrat Reinhard Hoffmann gegenüber der ÖTV bereits am 8. Dezember erklärt hat, Arbeitszeit- und Lohnkürzungen von 9,1 Prozent im Öffentlichen Dienst seien nicht mehr aktuell, hält Bürgermeister Henning Scherf an seinem Plan fest. „Es bleibt beim Solidarpakt“, versicherte er am Dienstag vor der Presse, „ich bin da in guten Verhandlungen“. Zwar werde der Plan „öffentlich von der Presse und den Gewerkschaften zerredet“, intern habe er dagegen von den Gewerkschaften „positive Signale“. Der stellvertretende ÖTV-Bezirksleiter Jan Kahmann führt die Gespräche über den „Solidarpakt“.

taz: Bürgermeister Scherf sagt, die Gewerkschaften würden in Bezug auf den Solidarpakt öffentlich Wein reden, heimlich aber längst Wasser trinken. Ist der Lohnverzicht im Öffentlichen Dienst wirklich schon fast perfekt?

Jan Kahmann: Man muß sich von dem Wort Solidarpakt verabschieden. Denn die Entwicklung orientiert sich inzwischen mehr in Richtung Beschäftigungssicherung. Wir wollen durchaus eine Diskussion mit unseren Mitgliedern in Gang setzen, ob Lohnzuwächse des kommenden Jahres in Bremen in Form von Freizeit realisiert werden können. Gleichzeitig muß damit aber auch die Beschäftigung gesichert werden.

Scherf wollte mit dem Solidarpakt aber nicht nur Beschäftigung sichern, sondern vor allem im Umfang von 2.800 Stellen Personalkosten im Öffentlichen Dienst einsparen. Wird darüber noch ernsthaft geredet?

Als Gewerkschaften haben wir eine Schutzfunktion. Und deshalb werden wir verhindern, daß den Beschäftigten in die Tasche gegriffen wird. Und wir werden genauso verhindern, daß die Beschäftigten durch betriebsbedingte Kündigungen bedroht werden. Inzwischen sind wir einen Schritt weiter und denken darüber nach, ob man tarifpolitisch etwas anders machen kann, um in Bremen den Abbau von Arbeitsplätzen zu verhindern.

Am letzten Verhandlungstermin, den Staatsrat Beermann als Arbeitgeber-Vertreter im Öffentlichen Dienst eingeladen hat, hat die ÖTV nicht teilgenommen. Warum nicht?

Der Senat hat beschlossen, mit den Gewerkschaften ein politisches Gespräch zu führen, um den Rahmen und die Bedingungen für eine Verhandlungsrunde zur Beschäftigungssicherung auszuloten. Dieses Gespräch hat am 8. Dezember begonnen und wird im Januar fortgesetzt....

...mit dem Chef der Senatskanzlei, Reinhard Hoffmann...

Ja, aber an dem ersten Gespräch hat auch Herr Beermann teilgenommen. Zu unserer großen Überraschung hat er aber nach einer Viertelstunde mit seinem Gefolge den Saal wieder verlassen. Bisher sind wir noch gar nicht im Verhandlungsstadium, und deshalb ist auch der Kommunale Arbeitgeberverband noch nicht unser Gesprächspartner.

Haben Sie einmal mit Henning Scherf direkt über den Solidarpakt gesprochen?

Nein. Ich habe mit ihm noch nicht gesprochen.

Wie kommt Scherf dann darauf, hinter den Kulissen bahne sich bereits eine Verständigung an?

Das weiß ich nicht. Ich habe mit ihm in dieser Angelegenheit noch nie gesprochen. Wir führen im Januar ein Gespräch im Rathaus und danach werden wir entscheiden, ob es zu Verhandlungen kommen wird. Aber man muß ganz deutlich sagen: Die Erwartungshaltung, die der Senat ausgelöst hat, wird nicht annähernd zu erreichen sein. Denn es ist für uns unumstößlich, daß wir nicht über Lohnkürzungen verhandeln werden.

Fragen: Dirk Asendorpf Foto: Tristan Vankann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen