Zwei Tote bei Brand in besetztem Haus

■ Bewohner hatten letzte Woche Brandschutz angemahnt. Ursache des Unglücks wahrscheinlich Kerze oder Zigarette

Ein Wohnungsbrand in einem besetzten Haus in Prenzlauer Berg hat gestern früh zwei Menschenleben gekostet. Bei den Toten handelt es sich laut Angaben der Hausbewohner um eine 24jährige Deutsche und einen 22jährigen Polen, die ein Zimmer im dritten Stock des Vordergebäudes Schliemannstraße 10 bewohnten. Die Flammen zerstörten weite Teile der dritten Etage sowie ein Zimmer des vierten Stocks. Die Brandursache war bis gestern abend noch nicht endgültig geklärt. Die Polizei ging von einem „unsachgemäßen Umgang mit einer Kerze oder einer Zigarettenkippe“ aus. Erst letzte Woche hatten die 32 Hausbewohner in einer Diskussion vom Baustadtrat des Bezirkes gefordert, für adäquaten Brandschutz zu sorgen.

16 Bewohner hielten sich zum Zeitpunkt des Unglücks in dem Haus auf. Gegen vier Uhr, so berichtete ein Bewohner aus dem Seitenflügel des Gebäudes, habe er Schreie gehört. Wegen der dicken Rauchschwaden habe er nicht über das Dach zur Hilfe eilen können. Der Durchgang im dritten Stock sei durch die Flammen unpassierbar gewesen. So konnten nur noch Feuerwehr und Rettungsdienst verständigt werden, die zwanzig Minuten später eintrafen. Der Brand war nach etwa einer halben Stunde gelöscht.

Gegen drei Uhr hatte sich das verunglückte Pärchen von der Hausbar im Erdgeschoß in sein Zimmer verabschiedet. Nach Angaben einiger Bewohner waren sie stark alkoholisiert. „Das waren eben Leute, die gerne Partys feierten“, sagte einer. Als Brandursache vermuten die meisten Anwohner ähnlich wie die Ploizei eine abgelegte Zigarette oder eine umgestoßene Kerze. Ein Bewohner vermutete sogar Brandstiftung. „Heißer Abriß – das haben die in der Dunckerstraße schon elfmal versucht.“ Die Ermittlungen des Brandkommissariats des Landeskriminalamtes dauerten bei Redaktionsschluß an. Die Leichen hätten noch nicht offiziell identifiziert werden können, da sie „bis zur Unkenntlichkeit verbrannt“ seien.

Die Schliemannstraße 10 ist ein umstrittenes Haus. Vor neun Tagen kam bei einer Diskussion zwischen Bewohnern, Parteivertretern und dem Baustadtrat Prenzlauer Berg die Situation des seit 1985 nicht mehr regulär vermieteten Hauses zur Sprache. Weil Baustadtrat Matthias Klipp (Bündnis Prenzlauer Berg) das Gebäude zugunsten eines Spielplatzes abreißen lassen will, hat er es schon baupolizeilich gesperrt und die Strom- und Wasserversorgung unterbinden lassen. Ein erster Räumungstermin am 15. Dezember ist verstrichen. Die Eigentümerin dagegen will das Haus sanieren und neu vermieten. Klipp hatte jegliche Renovierungsmaßnahmen für das Haus in der Schliemannstraße abgelehnt, das im Sanierungsgebiet „Helmholtzplatz“ liegt. Denn mit einer Sanierungsgenehmigung wäre die im Bebauungsplan vorgesehene Grünfläche verloren.

Am Unglücksort sprach gestern der evangelische Pfarrer Hans Dieter Winkler, der zwischen Baustadtrat und den Bewohnern zu vermitteln sucht, mit Klipp. Dabei soll Klipp eine Rückkehr der Besetzer in das Haus ausgeschlossen haben. Wegen der polizeilichen Untersuchungen ist der Zutritt zum Gebäude bislang gesperrt. Klipp und Winkler waren gestern nicht zu erreichen. Für heute um 17 Uhr ist ein Runder Tisch mit den beteiligten Parteien geplant. Christoph Oellers