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Unterm Strich

Draußen sterben mal wieder die Leut', was dem vereinsamten Redakteur im verwaisten Büro so oder so keine Freud' macht – aber es gibt ja zum Glück auch noch Geburtstage! Michel Piccoli, der Mann fürs Soignierte und gediegen Pervertierte, „eine der Symbolfiguren des französischen Kinos“ (dpa) wird heute 70. Erfolgsrezept für seine kaum verwitterte Erscheinung mag nicht nur das Ausleben extremerer Phantasien vor der Kamera („Das große Fressen“, „Der diskrete Charme der Bourgeoisie“, „Themroc“) sein, sondern auch Lebenskunst im urwüchsigen Sinne. Piccoli selbst über den Grund seines Erfolgs: „Der Drang, immer alles wissen zu wollen, und eine dynamische Unzufriedenheit.“

Noch vor Whitney Houston liegt in den amerikanischen Hitparaden derzeit der Bielefelder Kinderchor. Dessen Versionen von „Kling, Glöckchen, klingelingeling“ und „Herbei, oh ihr Gläubigen“ (gesungen eigentlich erfahrungsgemäß immer wie „Herbei, oh ihr Gläubjen“) sind Bestandteil einer Weihnachtsplatte des amerikanischen Komponisten Chip Davis (so was wie der amerikanische James Last) namens „Christmas in the Air“. Chorleiter Jürgen Oberschelp zufolge wächst die Nachfrage nach einer eigenen CD der Bielefelder in den USA stündlich. Was draus wird, steht sozusagen noch in den Sternen. Gewiß ist aber, daß der Bielefelder Kinderchor aus 300 aktiven Sängerinnen und Sängern besteht. Die Mädchen sind in der Überzahl, weil die Jungen wegen des Stimmbruchs den Chor verhältnismäßig früh wieder verlassen müssen. Nur eine Frage der Zeit dürfte die Entdeckung des Bielefelder Kinderchores durch das Easy- Listening-Movement sein.

Zu einem „Matatu-Wahn“ soll es Berichten von dpa zufolge unter Jugendlichen in Kenia gekommen sein. Matatus heißen die etwa 5.000 „mit Insignien US-amerikanischer Popgruppen und Baseballteams gepflasterten Minibusse“, auf die ein Großteil der Pendler angewiesen ist, die allmorgendlich aus den Außenbezirken in die Hauptstadt Nairobi müssen. In diesen Matatus nun laufen, offenbar auf Betreiben der Busfahrer, die neuesten US-Hits, was wiederum den älteren Mitfahrern wenig zusagen soll. „Auch hassen sie es“, meldet dpa anschaulich, „neben jemandem zu sitzen, der kein Wort sagt, aber recht cool ins Nichts stiert“. Es scheinen sich unter den Älteren bereits

regelrechte Anti-Matatu-Liegen gebildet zu haben, die darauf pochen, daß Matatus nicht mit den ureigenen kenianischen Werten zu vereinbaren seien und „Matatu-Jünger“ außerdem einen schlechten Einfluß auf „junge Mädchen“ hätten. In diesem Sinne: Hakuna Matatu! Die Frage ist nur, was passiert, wenn auch in Kenia sich der Walkman durchsetzt. Da kann man dann erst so richtig erleben, wie jemand „kein Wort sagt und recht cool ins Nichts starrt“.

Unglaublich, aber wahr: „Schlafes Bruder“, die absolut schinkige Vilsmaier-Verfilmung des Erfolgsschinkens von Robert Schneider, ist in Los Angeles für einen „Golden Globe“ als bester nichtenglischer Film nominiert worden. Wahrscheinlich bedient er irgendeine verwischte Vorstellung „deutschen“ Lebens, Leidens und Souls. Sonst noch nominiert: „Verstand und Gefühl“ von Ang Lee (Hit: „Das Hochzeitsbankett“), Hallo, Mr. President“ mit Michael Douglas, „Apollo 13“ und andere.

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