: Shell soll in den USA vorm Kadi erscheinen
■ 20.000 Bananenpflücker wollen wissen, ob West-Konzerne für den Dreck in der Dritten Welt angeklagt werden können
Amsterdam (taz) – Der niederländisch-britische Konzern Shell steckt neuerlich in Schwierigkeiten. Ein US-amerikanisches Anwaltsbüro hat im Namen von 20.000 Bananenpflückern aus der Dritten Welt einen Prozeß gegen Shell, Dow Chemical und Occidental Chemical angestrengt. Die drei Chemie-Konzerne werden verdächtigt, auf Plantagen wissentlich ein Schädlingsbekämpfungsmittel geliefert zu haben, das für die damit in Kontakt kommenden Menschen gesundheitsgefährdend ist. Die US-Tochter der Koninklijke Shell hatte das Pestizid Dibromochloropropan (DBCP) an die amerikanischen Bananenkonzerne Chiquita, Standard Fruit und Del Monte auch dann noch geliefert, als es in den Vereinigten Staaten und anderen westlichen Ländern längst verboten war. 1979 hatte das US-Umweltmisterium festgestellt, daß das Mittel wahrscheinlich krebserregend ist und bei Männern Unfruchtbarkeit hervorruft. Der US-Anwalt Charles S. Siegel hat nach eigenen Angaben Beweise, daß Shell dennoch bis 1981 das gefährliche DBCP weiter in Länder der Dritten Welt auslieferte. Andere Firmen verkauften DBCP sogar bis 1986 unter anderem an die Philippinen. Auch die US-Bananen-Konzerne sollen jetzt vor den Kadi, weil sie laut Siegel von den Chemie-Konzernen ausdrücklich weitere DBCP-Lieferungen gefordert hatten.
Ein Shell-Sprecher sagte der New York Times, daß sich sein Unternehmen keineswegs verantwortlich fühle. Eigene Untersuchungen würden beweisen, daß die Chemikalie ungefährlich sei.
Noch ist unklar, welche Summe die Geschädigten fordern. Wichtiger als die konkrete Entschädigungssumme ist ihnen allerdings auch, wie der als Test betrachtete Prozeß prinzipiell ausgeht. Es geht um die Frage, ob EinwohnerInnen von sogenannten Entwicklungsländern westliche Firmen vor einem US-Gericht für Schäden in ihrer Heimat zur Verantwortung ziehen können, wenn die eigenen Regierungen oder Gerichte eine Behandlung des Falls ablehnen.
Der Prozeß könnte vielleicht auch relevant werden für das Wirken von Shell in Nigeria. Wenn die US-Richter den zivilrechtlichen Anspruch der Bananenpflücker akzeptieren sollten, könnten auch die Ogoni in den USA Schadensersatz einklagen. Shell wird dort nicht nur für eine gigantische Umweltverschmutzung durch Ölförderung mit verantwortlich gemacht, sondern auch für politisch motivierte Morde an mindestens 2.000 Ogoni – darunter auch der alternative Nobelpreisträger und Shell-Kritiker Ken Saro-Wiwa. Falk Madeja
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