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Keine Gnade für Wei

■ Proteste gegen die Bestätigung des Urteils gegen chinesischen Dissidenten

Peking / Bonn / Frankfurt am Main (dpa/AFP) – Das Urteil gegen den chinesischen Dissidenten Wei Jingsheng war „rechtmäßig, angemessen und soll aufrechterhalten werden“. So urteilte das Oberste Gericht von Peking gestern über die Berufung des 44jährigen gegen seine 14jährige Haftstrafe. Wei Jingsheng habe während seiner Bewährungszeit „gesetzeswidrig in ausländischen Zeitungen und Magazinen Artikel veröffentlicht, die die chinesische Regierung und das bestehende Sozialsystem angegriffen, die Unabhängigkeit von Tibet befürwortet haben“.

Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP) reagierte mit Bedauern auf die Nachricht. „Ich bedauere sehr, daß sich die in China Verantwortlichen trotz zahlreicher internationaler Appelle nicht dazu haben entschließen können, das nicht nur aus meiner Sicht ungerechtfertigte und überaus harte Urteil gegen den Vorkämpfer für Demokratie in China, Wei Jingsheng, zu revidieren“, erklärte er gestern in Bonn.

Der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Carl-Dieter Spranger (CSU), äußerte Empörung. „Was wir jetzt in China erleben, ist die dunkle Seite des dortigen politischen Systems.“ Die Volksrepublik wisse, daß die Beachtung der Menschenrechte seit 1991 zu den Kriterien zähle, an denen sich die Bundesregierung bei der Vergabe ihrer Mittel orientiere.

Die grüne Bundestagsabgeordnete Angelika Beer kritisierte dagegen den „verhaltenen Protest“ der internationalen „Wertegemeinschaft“ und die „stille Diplomatie“ von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und Kinkel. Jetzt sei die Prüfung möglicher Wirtschaftssanktionen nötig.

Scharfe Kritik an der chinesischen Menschenrechtspolitik äußerte auch der aus Peking ausgewiesene deutsche Journalist Henrik Bork. „Ausländische Reporter fliegen raus, das ist sicher bitter – aber die chinesischen Kollegen leben viel gefährlicher“, sagte er gestern nach seiner Ankunft in Frankfurt.

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