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Nur das Essen ist im Park-Hotel zu gut

■ Gelassene Volleyballerinnen und gestreßte Organisatoren vor dem Olympia-Qualifakationsturnier am Wochenende in Bremen

Es wird Ernst für die hochgewachsenen Frauen. Die Zeit des mit Trainingseinheiten, Physiotherapie und Videostudium der Gegnerinnen genutzten Wartens im noblen Parkhotel geht für das deutsche Volleyball-Team zu Ende. Heute wird um 20 Uhr in der Stadthalle die erste Angabe gegen die Rivalinnen aus den Niederlanden übers Netz fliegen. Vorher stehen sich Kroatien und Rußland gegenüber. War in den vergangenen Jahren der Bremer Volleyball-Cup stets eine freundschaftliche Standortbestimmung nach der Weihnachtspause, geht es in diesem Jahr zwischen den vier besten europäischen Teams um ein einziges begehrtes Ticket zu den Olympischen Spielen in Atlanta.

Beim Presse-Plausch in der Hotelhalle geben sich die Damen um Stellerin und Spielführerin Ines Pianka vom VC Schwerte und Deutschlands einzige Volleyball-Legionärin Susanne Lahme allerdings gelassen. Man kenne die Gegnerinnen ohnehin, sagt Lahme, die bei einem italienischen Club harte Lira verdient und sich als eine der wenigen echten Profis im Team bezeichnet. Die Russinnen spielten langsam, einfach und effizient, die Europameisterinnen aus Holland hingegen schnell und riskoreich. Auch die von vielen als Geheimfavorit genannten Kroatinnen könnten sie kaum überraschen.

Inzwischen haben die Sportlerinnen zur Freude von Bundestrainer Siegfried Köhler auch Mutters Weihnachtsgans abgearbeitet. Denn für die Festtage war das seit dem 18. Dezember laufende Trainingslager unterbrochen worden.

Die Erholung unter dem Weihnachtsbaum hatte aber auch ihre positiven Seiten. So etwas wie ein Lagerkoller habe so nicht aufkommen können, so Constance Radfan vom CJV Berlin ein. Beim Grand-Prix im Vorjahr habe es nach vier Wochen „Kasernierung“ schon gewisse Verschleißerscheinungen gegeben. Die Atmosphäre in der Nobelherberge sei sehr schön, sagt Radfan, es gebe nur ein Problem: Das Essen sei zu gut, da müßten sich die Sportlerinnen doch hin und wieder zurückhalten.

Nicht überall leben die Volleyballerinnen so luxuriös wie in Bremen. Das Parkhotel käme mit den Preisen in dieser Januarwoche „sehr entgegen“, so Organisationschef Reiner Prahl.

Ansonsten steht es mit den Sponsoren des 17. Bremer Volleyball-Turniers nicht zum Besten. Der Deutsche Volleyball-Verband (DVV) habe keinen Titelsponsor rangebracht, moniert Uwe Brinkmann, Präsident des Bremer Volleyball-Verbandes. Und Organisator Prahl hält es für einen Nachteil, daß die Veranstaltung von der Frankfurter DVV-Zentrale und nicht von Bremen aus vermarktet wird. Nachdem das 1995er Turnier laut Prahl mit einem „heftigen Defizit“ abgeschlossen habe, sei die Finanzierung des 500.000 Mark teuren Events erst Ende November gesichert und mit der Organisation begonnen worden. Ohne 150.000 Mark Zuschuß aus den Kassen der Bremer Wirtschaftsförderung wäre das Turnier ausgefallen und 160 Helfer aus der Bremer Volleyballszene hätten ihr Engagement vergeblich angeboten.

DVV-Präsidentin Steffie Schnoor räumt Probleme bei der Sponsorensuche ein, allerings hätten alle Sportarten außer Fußball, Tennis und Motorsport ähnliche Sorgen. Mit den nun vereinbarten Fernseh-Sendeplätzen, die am Ende über die Großzügigkeit der Geldgeber entscheide, sei sie aber zufrieden.

Über die Zukunft des Bremer Turniers wird schon länger spekuliert. Zwar loben die deutschen Spielerinnen pflichtschuldig das schöne Turnier, die nahe am luxuriösen Quartier gelegene Halle und das Bremer Publikum. Für die Organisatoren wird es aber immer schwieriger, gerade im Januar, wenn die Spitzenspielerinnen in ihren Vereinsteams eingespannt sind, Weltklasse-Nationalmannschaften für ein reines Freundschaftsturnier zu verpflichten. Und die Olympiaqualifikation sorgt ja bestenfalls alle vier Jahre für Würze im Wettkampf. jof

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