piwik no script img

Kleine Freiheiten am Brandenburger Tor

■ Koalitionsverhandlungen: Annäherung beim Verkehr. CDU gegen neue Drogenpolitik

Die Öffnung des Brandenburger Tores, bereits in der vergangenen Legislaturperiode Reizthema zwischen CDU und SPD, bleibt auch in den Koalitionsverhandlungen umstritten. Allerdings: Die völlige Sperrung für den privaten PKW-Verkehr dürfte wohl bald der Vergangenheit angehören. Wie gestern aus SPD-Kreisen verlautete, sei eine zeitlich beschränkte Öffnung – etwa in den verkehrsarmen Abendstunden – durchaus denkbar. Bewegung war auch bei der CDU zu beobachten, die offenbar Abstand von einer generellen Öffnung nimmt.

Nach der gestrigen Runde der Koalitionsarbeitsgruppe Verkehr meinte der CDU-Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer, die Frage des Tores müsse „im Rahmen der gesamten Verkehrsführung in Mitte“ gelöst werden. Er selbst sei „dagegen, daß das Brandenburger Tor die Hauptlast des Durchgangsverkehrs trägt“.

SPD-Fraktionssprecher Hans- Peter Stadtmüller blies ins gleiche Horn und nannte die Rückkehr zum Vorkriegszustand „illusorisch“. Weiterhin auf dem Tisch ist die Überlegung, die Französische Straße in Gänze wiederherzustellen. Derzeit wird sie am ehemaligen DDR-Innenministerium durch eine Mauer versperrt. Für die SPD meinte deren Verhandlungsführer Hermann Borghorst sibyllinisch, sowohl die Französische, Behren- als auch Dorotheenstraße müßten im Zusammenhang mit der Verkehrsleitung durch die Große-Koalition-Runde nächste Woche diskutiert werden.

Neben dem Brandenburger Tor wird dabei auch die U 5 auf der Themenliste stehen. Hassemers Vorschlag, zumindest Streckenabschnitte der Kanzler-U-Bahn zu bauen und somit Bundesmittel zu binden, wird nach wie vor von der SPD abgelehnt.

Ohne Ergebnis ging die Arbeitsgruppe beim Thema Großflughafen auseinander. Die SPD beharrt auf Sperenberg, die CDU favorisiert Schönefeld. Ebenso strittig bleibt die Zukunft des Palastes der Republik, den die CDU zum Abriß freigeben möchte. Einigkeit erzielte man hingegen im Bereich öffentlicher Nahverkehr. Beim Bund will man sich für den vorrangigen Ausbau der S-Bahn bis zum Jahr 2002 einsetzen. Ein weiterer „erheblicher“ Schwerpunkt, so Hassemer, stelle die geplante Erweiterung des Straßenbahnnetzes dar. Beim Bau neuer Straßen soll der Flächennutzungsplan zugrunde gelegt werden.

Wenig Neues brachte die Arbeitsgruppe Innere Sicherheit auf den Weg. Beim Dauerstreitpunkt „Neue Drogenpolitik“ blockt die CDU. Vehement lehnte sie die SPD-Forderung ab, die Freigabe steriler Spritzen in ein bis zwei Gefängnissen zu erproben. Auf taube Ohren stieß die SPD auch mit ihrer Forderung, den Paragraphen 31a des Betäubungsmittelgesetzes konsequent anzuwenden. Danach kann die Staatsanwaltschaft beim Besitz geringer Mengen von Betäubungsmitteln zum Eigenverbrauch (etwa Cannabis, Kokain, Heroin) auf eine Strafverfolgung verzichten oder in Absprache mit Gerichten anhängige Verfahren einstellen.

Beim Thema Polizei fanden beide Verhandlungspartner gestern eine Kompromißformel: Der Personalbestand der Schutz- und Kriminalpolizei soll nicht angetastet werden, sofern nicht ein Gutachten zur Polizeistrukturreform zu anderen Ergebnissen kommt. Severin Weiland

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen