Kein Stop-over-Hafen

■ 62.000 Passagiere von Luxuslinern sind in Bremerhaven für 1996 angekündigt Die Stadt hat wenig davon

Immer mehr Kreuzfahrtschiffe stechen von der Bremerhavener Columbus-Kaje aus in See. 62.000 Passagiere sollen in dieser Saison von Mai bis September durch den „Bahnhof am Meer“ auf die Luxusliner geschleust werden. Sie legen ab zu Kreuzfahrten zu Islands Geysiren, norwegischen Fjorden oder alten Ostseestädten. An der Seestadt und an der Region fließt dieser kaufkräftige Menschenstrom aber vorbei. Alle Versuche, Bremerhaven als Stop-over-Hafen für Kreuzfahrten zu etablieren oder die Seereisenden für ein Anschlußprogramm in der Region zu begeistern, blieben bislang erfolglos.

Dreizehn verschiedene „Traumschiffe“ aus fünf Nationen haben nach Auskunft von Hafenkapitän Eberhard Nölke 75 Ausfahrten vom Überseehafen angemeldet. Im Vorjahr waren es 56 An- und Abfahrten mit 44.500 Passagieren. Den Zuwachs im „Zentrum der deutschen Kreuzschiffahrt“ erklärt Nölke nur zum Teil mit dem Kreuzfahrtboom. 1995 sei kein normales Jahr gewesen. Zehn Abfahrten der „Odessa“ seien wegen finanzieller Schwierigkeiten der Reederei kurzfristig ausgefallen. Ein Brand an Bord der „Albatros“ hätten vier Abfahrten verhindert.

Dennoch hätte es auch gegenüber einem normalen Verlauf des Jahres 1995 ein Plus gegeben. Dieses führt der Hafenkapitän auf die für die Reiseveranstalter optimalen Abfertigungmöglichkeiten zurück. An der Columbuskaje könnten zwei Schiffe gleichzeitig abgefertigt werden, schließlich sei die Anlage Ende der sechziger Jahre für den Linienverkehr über den Nordatlantik gebaut worden. Bremerhafen sei darum als Ausgangs- und Zielhafen begehrt, sagt Nölke. „Um 700 Passagiere an Land zu schmeißen“, dafür fehle es aber wohl an touristischen Attraktionen.

Da ist Henning Goes, Chef der Tourismus-Förderungsgesellschaft Bremerhaven anderer Meinung. Das Schifffahrtsmuseum könnte durchaus einen Besuch wert sein. Aber die Reiseveranstalter hätten ihre Trips so dicht organisiert, daß für individuelles Anschlußprogramm keine Zeit bleibe. „Die wollen die Passagiere nur so schnell wie möglich an Bord und wieder runter bekommen“. Drei Jahre lang habe man investiert und Serviceangebote wie Infobüros und Souvenierstände im Abfertigungsbereich aufgebaut, „Das hat aber nicht funktioniert“, sagt Goes.

Eine Chance für den regionalen Fremdenverkehr sieht Goes darin, die Seereise-Veranstalter zu einem Zwischenstopp in Bremerhaven zu bewegen und das „reizvolle Hinterland“ zu vermarkten.

Auch andere Stop-over-Häfen wie etwa das norwegische Bergen seien als Städte nicht übermäßig reizvoll. Bremen oder Worpswede seien aber per Bus nur eine Dreiviertelstunde vom Kai entfernt. jof