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"Ein neuer Wettbewerb bringt nichts"

■ Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, ist für den sofortigen Bau des Holocaust-Mahnmals: Kein neuer Standort, aber Veränderungen des Entwurfs durch Verbindung der beiden

taz: Sie haben im letzten Jahr Bedenken geäußert, daß die Diskussion um das Holocaust-Mahnmal dazu führen könnte, daß es nicht gebaut wird. Wird es gebaut oder wird es nicht gebaut?

Ignatz Bubis: Ich habe das Wort des Kanzlers, ich habe das Wort des Regierenden Bürgermeisters, Eberhard Diepgen. Sofort nachdem sich der neue Senat in Berlin konstituiert hat, soll die Gestaltung des Mahnmals in Angriff genommen werden. Das reicht mir heute, um nicht mehr skeptisch zu sein. Ob es nun bei dem gewählten Modell bleibt, ist im Moment noch offen.

Wird es einen neuen Entwurf geben?

Ich weiß, daß die SPD-Fraktion im Bundestag sich mit einem Antrag einschalten will. Und Kernpunkt dieses Antrags ist ein neuer Wettbewerb für ein Mahnmal an einem anderem Standort. Der SPD schwebt als Standort das Gelände der „Topographie des Terrors“ vor.

Was halten Sie von dem Vorschlag, auf dem Gelände der Gedenkstätte „Topographie des Terrors“ das Mahnmal zu errichten?

Ich finde den Ort völlig verkehrt. Die „Topographie des Terrors“ beinhaltet die gesamte Geschichte des Nationalsozialismus. Die Juden sind in der „Topographie des Terrors“ schon mit gedacht. Es geht um die ermordeten Juden, nicht um den allgemeinen Terror des Nationalsozialismus.

Aber einen neuen Wettbewerb würden Sie unterstützen?

Nein. Ich halte nicht viel davon. Ich glaube nicht, daß ein neuer Wettbewerb mehr bringen wird als die eingereichten 528 Entwürfe.

Sie sind also dafür, den Entwurf, wie er schon seit Juli 1995 von Christine Jacob-Marks vorliegt, zu verwirklichen, trotz aller Kritik an den Dimensionen des Entwurfs?

Es ist nicht meine Sache, über den Entwurf zu urteilen. Ich bin weder Künstler, noch habe ich den Wettbewerb mit ausgelobt. Aber ich habe etwas gegen die Namen, die in die Platte eingraviert werden sollen: 4,2 Millionen Namen! Anonyme Namen, ohne Adresse, niemand kann seine Verwandten auf der Platte identifizieren. Ob alle Namen stimmen, ist nicht überprüft. Zugleich fehlen die meisten Namen der Sowjetbürger, die in Massengräbern erschossen wurden und deren Namen überhaupt nicht bekannt sind. Und ich will ein Zweites sagen. Wenn auf dem Mahnmal zum Beispiel 500mal der Name Moses Kohn steht, werden die Leugner des Holocaust wieder kommen und sagen: Warum habt ihr nicht gleich 1.000mal Moses Kohn geschrieben?

Sie lehnen die jetzige Fassung des preisgekrönten Entwurfs ab. Haben Sie einen besseren Vorschlag?

Es gibt mehrere Möglichkeiten, etwa der andere erste Preis von Ungers, auf dem die Namen aller KZs aufgeführt sind. In den Entwurf von Jacob-Marks könnte die Idee von Ungers aufgenommen werden, auf die Platte die Namen der Lager einzugravieren. Jeder, der die Namen der Opferorte sieht, kann sich etwas vorstellen. Aber ich will den Auslobern nicht vorgreifen.

1995 war das Jahr des Gedenkens. Des Kriegsendes, der Befreiung der Lager, quer durch die Bundesrepublik wurde gedacht. Und gleichzeitig mehrten sich die Stimmen, daß nun genug gedacht worden sei.

Ja, und es war meine größte Sorge, daß 1995 alles abgefeiert würde und man sich danach nicht mehr mit der Vergangenheit beschäftigen will. Aber das ist nun nicht der Fall. Deshalb lag mir auch soviel an dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Denn wenn jedes Jahr im Bundestag aller Opfer gedacht wird, dann kann die Erinnerung nicht mehr verschwinden. Der Gedenktag und das Holocaust-Mahnmal sind gewisse Prophylaxen. Interview: Barbara Junge

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