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„Solidarpakt wäre Zwangslohnkürzung“

■ Bremer Personalräte lehnen Sparpolitik des Senats ab / Verzicht nur für neue Stellen

Die große Koalition will Lohnkosten dadurch reduzieren, daß die Beschäftigten einer Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich zustimmen - „Solidarpakt“. So steht es in der Koalitionsvereinbarung vom letzten Sommer. Was aus dieser Idee werden wird, ist auch nach sechs Monaten Amtszeit der Koalition nicht abzusehen. „Zwangslohnkürzung“ haben die VertreterInnen aller bremischen Personalräte am Wochenende diesen „Solidarpakt“ der Landesregierung genannt und festgestellt, daß das „entschieden zurückgewiesen“ würde. Die Versammlung mit ca. 100 Personalrats-Vertretern war beinahe vollzählig zusammengetreten, um dieses für sie zentrale Thema zu behandeln. Auch die Vorstellung, jährlich 400 Stellen einzusparen, wird von den Personalräten ausdrücklich abgelehnt.

Das Gegenteil nämlich ist Ziel gewerkschaftlicher Politik, erinnerten die Personalräte: Bündnis für Arbeit heißt, die „immer größer werdende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen“. Nicht nur die privaten Arbeitgeberverbände sollten „ihre Blockadepolitik aufgeben“, formulierten die Personalratsvertreter, auch „im Öffentlichen Dienst müssen im Rahmen der anstehenden Tarifrunde vergleichbare Überlegungen angestellt werden“.

Diese Positionsbestimmung ist zwar für die gewerkschaftlichen Verhandlungspartner der ÖTV, GEW und DAG nicht zwingend, aber sie beschreibt das politische Klima an der Basis. Für die ÖTV, unterstreicht Kreissekretär Onno Dannenberg, ist wie für die GEW die Schaffung von Arbeitsplätzen das Kriterium für einen Solidarparkt, der diesen Namen verdient. 400 Stellen jährlich zu streichen, sagt Dannenberg, sei schlicht „nicht durchführbar“ und eine „Zwangslohnkürzung mit uns nicht zu machen“. Ein „nachweisbarer Beschäftigungseffekt“ müsse das Zuiel der Gewerkschaft sein.

Auch der Personalratsvorsitzende Tilsner ist nicht bereit, über Lohnkürzungen zum schlichten Zwecke der Haushaltssanierung zu reden. „Mehr Beschäftigung“ müsse schon dabei herauskommen.

„Mehr Beschäftigung“ heißt aber weder für Tilsner noch für die ÖTV, daß an die Stelle von einer Streichung von 400 Stellen in der Senats-Planung nun die Schaffung zusätzlicher Stellen treten soll. Wo der Kompromiß liegen könnte, wieviel von den Stellenstreichungen durch den Lohnverzicht verhindert werden können, das müssen für die gewerkschaftliche Seite die Verhandlungen zeigen. „Vielleicht werden auch nur null Stellen gestrichen“, deutet der Gesamtpersonalrats-Vorsitzender Tilsner das gewerkschaftliche Ziel an. Das wäre immerhin das VW-Modell.

Nach dem Wirrwar der Kompetenzen im vergangenen Herbst soll es nun kräftig durcheinander weitergehen. Für den 1. Februar hat der Verhandlungsführer für den kommunalen Arbeitgeberverband, Nölles Staatsrat Behrmann, die Gewerkschaften eingeladen. Es solle um die Frage gehen, ob die Gewerkschaften in Verhandlungen eintreten, sagt Behrmanns Mitarbeiter Hans-Dieter Kahrs von der SKP. Dafür wird die SKP den Gewerkschaftern erstmals konkret ein Papier vorlegen, in dem steht, worum denn verhandelt werden soll.

„Von diesem Termin weiß ich nichts“, sagt GPR-Vorsitzender Tilsner. Er wie die Gewerkschaften sind am 30. Januar von Scherfs Staatsrat Hoffmann zum politischen Vorgespräch eingeladen. Auch in den vergangenen Monaten schon hatten Behrmann und Hoffmann gestritten, wer eigentlich die Solidarpakt-Gespräche für den Senat führen darf. Behrmann hatte es abgelehnt, auf Grundlage von Vorabsprachen Hoffmanns die Verhandlungen zu beginnen. K.W.

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